In „Sturmherz“ erzählt uns Britta Strauß von der alten Legende der Orkney Inseln: Dort soll es Selkies geben, Seehunde, die sich in Menschen verwandeln können, wenn sie ihr Fell ablegen. Ein ebenso faszinierend magisches wie gefährliches Unterfangen, besonders wenn die Liebe stärker ist als die Angst.
Klappentext: Maris Sehnsucht nach dem Meer wächst von Tag zu Tag. Immer wieder träumt sie sich in eine Welt voller Wunder und Freiheit, bis sie in einer eisigen Winternacht erkennt, welche Geheimnisse der Ozean tatsächlich verbirgt.
Man sagt, es gäbe Seehunde, die ihre Tiergestalt ablegen und zu Menschen werden.
Man sagt, sie seien ebenso kaltherzig wie verführerisch.
Nur ein Märchen für kalte Winterabende?
Während Mari die Wahrheit hinter einer uralten Legende aufdeckt, entspinnt sich eine Liebesgeschichte, wie sie magischer nicht sein könnte.
Doch die Gier eines gnadenlosen Feindes droht alles zu zerstören.
„Sturmherz“ ist ein Fantasy-Roman, ein Jugendbuch, eine Liebesgeschichte und noch vieles mehr. Die facettenreichen Charaktere gelingen Britta Strauß wieder einmal hervorragend, so dass der Leser bald schon das Gefühl hat, die Personen gut zu kennen und wunderbar mit ihnen mitfiebern kann. Über jedem Kapitel steht der Name der Personen, aus deren Sicht das Kapitel erzählt wird. Dieser Perspektivenwechsel schafft eine besondere Nähe zu ihren Figuren, die es leicht machen, ihre Handlungsweisen zu verstehen.
Ob es sich um Louan, Mari, ihren Vater Thomas, den alten Fischer MacMuffin oder die beiden Wissenschaftler Ruth und Aaron handelt, die Louan einfangen und für ihre Krebsforschung „verwenden“ wollen, immer sind die Motive klar nachvollziehbar. Darf man ein Leben vernichten, um viele Leben zu retten? Für die Wissenschaft über Leichen gehen? Aaron ist eigentlich ein sehr guter Mensch, mit einem noch funktionierenden Gewissen. Dass er sich trotzdem von Ruth zu dem Plan überreden lässt, Jagd auf den Selkie zu machen, ist dennoch jederzeit nachvollziehbar. Die Komplexität der Figuren ist der Autorin besonders gut gelungen.
Die Liebesgeschichte ist sehr leicht nachvollziehbar und absolut glaubwürdig. Mari verliebt sich in einen Selkie, der ein magisches Wesen ist, einen ganz eigenen Reiz ausstrahlt und in dem sie tiefe Gefühle unter der kalten Oberfläche entdeckt. Louan verliebt sich in Mari, da er ihre Liebe zum Meer spürt. Auch ist die Einsamkeit des letzten Selkies, dessen Familie wir Menschen vor vielen, vielen Jahren ermordet haben, unheimlich greifbar. Seine Sehnsucht nach Nähe, Geborgenheit und Liebe lässt ihn ein Bündnis mit Menschen eingehen, die eigentlich seit einer Ewigkeit seine Feinde sind.
Besonders die Szenen, in denen Britta Strauß das Meer mit all seinen Facetten beschreibt, sind geradezu poetisch geschrieben und entfalten einen Sog, der eigentlich erst befriedigt wäre, wenn man zumindest die Zehen ins Meer taucht und sich im Blick der endlosen Weite verliert. Als Kind des Nordens kann ich Maris Liebe zum Meer sehr gut nachempfinden und danke Britta Strauß für ihr zu Herzen gehendes Plädoyer für den Schutz der Meere und der Umwelt im Allgemeinen. Bewahren wir, was wir lieben und wer das Meer je wirklich gesehen hat, kann nicht umhin, es zu lieben.
Wieder lässt Britta Strauß bei aller Fantasy nicht die wichtige und notwendige Kritik an der Überfischung und Ausbeutung des Meeres und der Ausrottung unzähliger Tierarten aus, ohne den Zeigefinger schulmeisterlich zu heben. Ich muss mich wiederholen, denn die Autorin wird auch in „Sturmherz“ wieder dem wunderbaren Zitat von Ernst Fischer gerecht. Klar ist doch wohl: Wer das Meer liebt, sollte etwas dafür tun, dass sein Reichtum noch lange erhalten bleibt! Wenn wir weitermachen wie bisher, dann werden die uns derzeit vertrauten und geliebten Meeresbewohner bald schon ebenso eine Legende sein wie die Selkies es heute sind.
Trailer zu „Sturmherz“ von Britta Strauß produziert von Anders Balari für den Drachenmond Verlag on Vimeo.
Der Stil des Buches ist sehr flüssig und es ist daher schnell und gut zu lesen. Außerdem ist es meiner Meinung nach ein absoluter Pageturner, den man nicht zur Seite legen mag. Es handelt sich um ein Taschenbuch, das allerdings nach dem Lesen noch immer fast so schön aussieht wie vorher. Es hat keine Leserillen im Buchrücken, was auch für die gewohnt gute Qualität der Bücher des Drachenmond Verlages spricht. Das wunderschöne Cover hat mich stimmungsmäßig keineswegs enttäuscht, einzig Mari hätte doch der Figur im Buch ein wenig mehr ähneln können. Bei so einer guten Geschichte sieht man über so etwas allerdings lächelnd hinweg.
Fazit: Eine ganz neue Art von Fantasy, keine Vampire, keine Elfen oder Engel präsentiert uns die Autorin, sondern einen bisher unbekannten und gerade deshalb umso schöneren Mythos. Britta Strauß gelingt ein Roman, der Faszination für das Wunder des Lebens, die Vielfalt des Meeres und den Mut der Liebe in sich vereint. Ein richtig schönes Stück Cross-over-Fantasy, das den Blick auf unsere eigene Realität nicht verstellt sondern schärft. Eine ganz klare Empfehlung – nicht nur für die jungen Leser!
Vielen Dank für das vom Drachenmond Verlag zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.
Britta Strauß „Sturmherz“, Taschenbuch, 352 Seiten, erschienen beim Drachenmond Verlag für EUR 14,90 unter ISBN 978-3931989774.
Meine Rezension zu „Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit“ ist hier zu finden.
Die in Sachsen-Anhalt geborene Autorin, Britta Strauß, hat seit einigen Jahren ihre neue Heimat im bergischen Land gefunden und ist dort sehr produktiv schriftstellerisch tätig. Britta war so nett, dem 431verstaerker-Magazin einige Fragen zu beantworten:
L. Mahfouz: Liebe Britta, danke, dass Du ein paar Fragen zu Deinen aktuellen Romanen “Nocona: Eine Liebe stärker als Raum und Zeit” und „Sturmherz“ beantworten willst.
Du hast vier Jahre an „Nocona“ gearbeitet, wie viel dieser Zeit hast Du mit der Recherche der wirklichen Personen, der Sitten und Bräuche der Indianer und den Gegebenheiten des Landes zugebracht?
B. Strauß: Hallo Laila, ich habe Dir zu danken. Wie ich sehe, hast Du Dir richtig Mühe mit dem Interview gegeben. Ich bin gerührt und geschüttelt. Die Recherchezeit bei Nocona kann ich im Nachhinein unmöglich von der eigentlichen Schreibzeit trennen. In den vier Jahren bis zur endgültigen Fertigstellung versammelte sich ein wahres Chaos an schreiben, ändern, löschen, umwerfen, neu schreiben, recherchieren, verzweifelt pausieren, Sachbücher bestellen, Filme gucken, weiterschreiben, wieder ändern, alles nochmal umwerfen, neu anfangen, noch ein Sachbuch finden – und feststellen, dass man wieder etwas ändern muss. Ich hätte ja lieber vor Ort recherchiert, aber das war leider nicht drin. Von allen meinen Büchern steckt in Nocona bisher die meiste Arbeit und zwar mit großem Abstand.
L. Mahfouz: Bist Du selbst einmal dort in Oklahoma gewesen, wo sich das Museum und Quanahs Grab befinden?
B. Strauß: Leider nein. Das war finanziell und zeitlich bisher einfach nicht drin. Aber wozu hat man seine Fantasie und die modernen Alternativen zum Reisen? Do it notgedrungen like Karl May es getan hat.
L. Mahfouz: Fiel es Dir schwer, die vielen blutigen und realistischen Kriegsszenen zu schreiben?
B. Strauß: Ganz ehrlich? Nein! Auf verdrehte Art liebe ich es, solche Szenen zu schreiben, auch wenn ich sonst ein sehr harmonieliebendes Wesen bin. Das war schon immer so. Mich überwältigt bei solchen Passagen das Gefühl, als wäre ich selbst ein Kämpfer in solch einer Schlacht gewesen. Ich leide und fiebere mit, ich fühle diese bittere Euphorie, das wilde Brennen des Adrenalins, die Verzweiflung und die Wut. Sehe ich Schlachten im Film, kämpfe ich auf dem Sofa regelrecht mit. Genauso beim Schreiben vor dem Laptop. Ehrlich, ich weiß haargenau, wie es sich anfühlt, wie Nocona im Buch für seine Heimat und seine Freiheit zu kämpfen – und zwar bis zum letzten Atemzug. Wer weiß, vielleicht habe ich das schon ein paar Mal hinter mir. Wenn man an frühere Leben glaubt …
L. Mahfouz: Ja, wer weiß das schon genau zu sagen. 🙂
Warum ist Mahto eigentlich Deine heimliche Lieblingsfigur? Ist es seine verschmitzte Art, mit dem Leben umzugehen? Ist er frei erfunden oder hat er auch existiert? Hättest Du für ihn gerne noch mehr Szenen geschrieben?
B. Strauß: Mahto ist eine meiner erdachten Figuren. Ihn hat es nie gegeben. Ich weiß nicht, warum er mein heimlicher Liebling wurde. Es liegt vielleicht daran, dass ich die Figur des Prairie Fire aus „Into the West“ sehr gerne mag, und er war meine Inspiration für Mahto. Ich hänge dir mal ein Bild an. (Info von der Redaktion: aus rechtlichen Gründen haben wir das Bild dem Interview nicht hinzufügen können.) Ist er nicht väterliche Sympathie in Person? Die Szene, in der Mahto mit Naduah durch die südlichen Wälder streift, ist übrigens meiner eigenen Kindheit entnommen. Ich war damals ständig mit meinem Vater in der Natur unterwegs. Von daher liegt im Miteinander von Mahto und Naduah ein Stück nostalgische und auch wehmütige Kindheitserinnerung. Gerade für Naduah war Mahto ein Segen, nach allem, was sie erlebt hat. Ein Vater, wie man ihn sich nur wünschen kann. Im Nachhinein hätte ich gerne noch ein paar Mahto-Szenen geschrieben, sicher, aber dafür ist es nun zu spät. Vielleicht verewige ich irgendwann mal seine und Hukas Geschichte.
L. Mahfouz: Danke für das Bild. Ob ich bei ihm allerdings unbedingt an eine Vaterfigur denke, wage ich zu bezweifeln. 😉
Beim Lesen des Buches überkommt den Leser die Sehnsucht nach der Freiheit in der Natur, nach dem Alleinsein mit sich und seinen Lieben ohne Verkehrslärm, ohne Verpflichtungen, ohne gesellschaftliche Zwänge. Wie ist es Dir beim Schreiben ergangen?
B. Strauß: Ganz genauso *lach*. Saras Gefühle sind meine Gefühle. Ich musste mich wie sie regelrecht zwingen, aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu wechseln. Daher rührt vermutlich auch das, was ich von vielen Lesern höre: Sie hätten auch das ganze Buch über in der Vergangenheit bleiben können. Ein interessanter Aspekt. Diese vergangene Welt löst in uns so viel Sehnsucht aus, dass wir unsere Jetzt-Zeit aufgeben wollen. Eine Epoche, in der das Leben rau und gefährlich war, beinhaltet trotz aller Härte so viel, was wir uns tief im Herzen wünschen und was wir vermissen. Ich glaube, vielen Menschen würde es so gehen wie Sara im Buch. Man empfindet plötzlich die Realität als grau und sich selbst als entwurzelt. Dazu fällt mir ein Spruch ein: „Die Seele weiß nicht mehr, wo sie sich ausruhen soll.“ Es gibt zu denken, dass die Menschen der Industrieländer scheinbar alles haben – und doch diese tief sitzende Unzufriedenheit und Sehnsucht nach Entschleunigung und Ursprünglichkeit fühlen.
L. Mahfouz: Ja, da hast Du vollkommen recht. Sara weist im Roman auch darauf hin, dass in einem Matriarchat so etwas wie Eroberungen und kriegerische Auseinandersetzungen vermutlich nie passiert wären und unser Planet noch gesund wäre. Wenn Du Dir die Welt heute ansiehst, denkst Du auch, dass ein solcher Wechsel einmal mehr dringend notwendig ist?
B. Strauß: Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob ein Matriarchat die bessere Alternative wäre. Ich könnte es mir vorstellen, lege aber nicht die Hand dafür ins Feuer. Jemand sagte mal: Gib einem Mann Geld, und er kauft sich ein Auto und eine Goldkette, um damit zu protzen. Gib einer Frau Geld, und sie nimmt es, um ihrer Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Es gibt aber auch genug Menschen, bei denen es umgekehrt laufen würde. Man kann nichts pauschalisieren. Sagen wir einfach so: Die Welt wäre besser, würde sie von intelligenten Menschen gelenkt und nicht von machtbesessenen Dummköpfen. Andererseits ist es mit vielen Gutmenschen wie mit den Gremlins: Zuerst sind sie kuschelig, aber füttere sie nach Mitternacht (gib ihnen Macht), mutieren sie zu Monstern. Langsam glaube ich, die Menschheit bekommt es nie gebacken. Da braucht es schon ein globales Update, um sie endlich aus der Steinzeit rauszuholen.
L. Mahfouz: Ja, natürlich, wenn Du von den heutigen Menschen ausgehst, dann hast Du wohl recht und der Unterschied ist nicht so groß. Ich rede aber davon, dass eine Gesellschaft, die weiblich geprägt ist, in der die Kinder mit weiblichen Werten aufwachsen, eine friedliche Gesellschaft ist, die das Allgemeinwohl in den Vordergrund stellt und nicht den eigenen Profit. Dies beweisen ja auch die Sudien über die Matriarchate, die schon entdeckt wurden.
Nun geht es mir aber auf keinen Fall darum, Männer im Allgemeinen zu verdammen. Im Gegenteil: Ich wäre dafür, das Beste in Ihnen zu wecken und weg von dem „Ein echter Kerl weint nicht“-Image (um nur eins zu nennen) zu kommen. Auch in „Sturmherz“ geht es um die ganz große Liebe. Dir gelingt es wunderbar, die Magie der Selkie, dieser wundersamen Fabelwesen, mit unserer oftmals kalten Welt zu vermischen. Wie kamst Du darauf, einen Roman über Selkies zu schreiben?
B. Strauß: Danke für das Kompliment 😉 Von allen legendären Meereswesen teilen sich zwei meine Vorliebe: Meerjungfrauen und Selkies. Wesen Nummer 1 fand in „Meeresblau“ Eingang, also war Wesen Nummer 2 für den nächsten Roman reserviert. Zudem besitzt die Selkie-Legende eine sehr inspirierende, bittersüße Melancholie – da war ein Widerstehen unmöglich.
L. Mahfouz: Das Meer tritt als Leitmotiv und immer wieder als große Sehnsucht in Deinen Büchern auf. Wie stark spürst Du diese Sehnsucht zum Meer selbst in Dir?
B. Strauß: Da ich nicht am Meer wohne – sehr stark. Bin ich mal an der See und muss wieder zurück, tut das körperlich weh. Und sehe ich sie nach langem Entzug endlich wieder, könnte ich heulen. Manchmal tue ich das auch. Keine Ahnung, woher diese schreckliche Sehnsucht kommt. Wer sich nach Freiheit sehnt, muss wohl zwangsläufig das Meer lieben. Weil der Horizont nirgendwo so offen und der Himmel nirgendwo so endlos ist. Vielleicht habe ich auch einfach Meersalz im Blut und komme deshalb nie davon los. Ehrlich, keine Ahnung. Es ist einfach, wie es ist.
L. Mahfouz: Ich kann das sehr gut verstehen und möchte auch nicht weiter weg vom Meer wohnen, als ich es jetzt in Hamburg tue.
In „Sturmherz“ hast Du mit vielen Perspektivenwechseln gearbeitet. Wie leicht konntest Du Dich in die einzelnen Figuren hineindenken? Wer stand Dir am nächsten und mit wem hattest Du beim Schreiben am meisten zu kämpfen?
B. Strauß: Alle Figuren standen mir nahe und ließen sich problemlos schreiben – bis auf Ruth. Mit ihr hatte ich zu kämpfen, aus einem einfachen Grund: Ihre – in unserer Welt leider weit verbreitete – Machtgier und Profitbesessenheit ging mir völlig gegen den Strich. Obwohl es auch Szenen gab, in denen es Spaß machte, mich in ihre kaltschnäuzige und gnadenlose Art zu vertiefen, einfach aus reiner Lust an der Schauspielerei und fieser Freude am Fies-Sein. Im Gegensatz zu den meisten meiner Leser mochte ich Aaron übrigens besonders gern. Klar, er ist ein jämmerlicher Feigling, er verzweifelt an seinen Fehlern und an seiner Angst. Aber wem geht es nicht manchmal genau so und wenn es nur phasenweise ist? Am Ende entscheidet er sich, als es schon zu spät ist – und trotzdem … nun, mehr verrate ich besser nicht. Aaron wirft die Frage auf: Ist es genauso schlimm, tatenlos zuzusehen, wie die schreckliche Tat an sich? Und wie überwinde ich meine selbstgebaute Mauer aus Angst? Dafür gewann er meine Sympathie.
L. Mahfouz: Für mich unterscheidest Du Dich von anderen Fantasy-Autoren vor allem darin, dass Du immer auf Missstände hinweist und damit den Bezug zu unserem Leben aufzeigst. Du ziehst den Leser nicht einfach in eine andere Welt, sondern forderst auf, hier in unserer Welt einerseits die Wunder um uns zu erkennen und andererseits dafür zu sorgen, dass sie uns erhalten bleiben. In „Nocona“ war es der Umgang mit den Amerikanischen Ureinwohnern ebenso wie mit der Umweltverschmutzung, die heimlich vor unserer Nase vonstatten geht. In „Sturmherz“ ist es der Umgang mit dem Meer und seinen Bewohnern. Du schaffst es, auf Überfischung, Vergiftung der Meere, Ausrottung der Arten hinzuweisen und dennoch nicht mit erhobenem Zeigefinger daher zu kommen. Vielmehr ist es eine Stimme, die Du in die Köpfe der Leser pflanzt und die hoffentlich bei allen dort Wurzeln schlägt. Dafür möchte ich Dir danken.
B. Strauß: *errötet gerührt* Was soll ich dazu sagen? Veränderungen fangen klein an und Liebe lässt Erkenntnisse besser gedeihen als Angst oder Hass. Die Bilder, die uns tagtäglich um Augen und Ohren gehauen werden, verursachen gerade das – Angst und Hass. Viele verzweifeln an der Welt und wenden sich schaudernd ab. Auch mir geht es oft so, wenn ich schlichtweg die Schnauze voll von all dem Elend habe, das tagtäglich passiert. Aber eine Geschichte, in die man gerne eintaucht, um zu träumen, setzt den Hebel an einer sanfteren Stelle an. Man wird behutsam zum Nachdenken gebracht und nicht mit dem Vorschlaghammer niedergeknüppelt.
L. Mahfouz: In diesen beiden Bücher stehen zwei entscheidende Themen immer wieder im Vordergrund „Liebe“ und „Freiheit“ und wie das eine ohne das andere im Grunde nicht überleben kann. Es ist schön, dass Du diese Aussage deutlich machst. Welche Rückmeldungen hast Du bisher bekommen? Kommt bei vielen Lesern an, was Du vermitteln willst?
B. Strauß: Ich würde sagen: Ja. Manchmal schreiben mir Leser, dass sie durch eine Geschichte wieder das Träumen gelernt hätten. Eine andere Leserin meinte, nach „Meeresblau“ hätte sie keine Meeresfrüchte mehr anrühren können. Wieder andere teilten mit, sie hätten sich nie für die Zustände im und am Meer interessiert, aber jetzt sei das anders. „Nocona“ wiederum scheint das auszulösen, was Du oben schon angesprochen hast: Die Sehnsucht, allem zu entfliehen. Wie Sara in eine andere Zeit einzutauchen, eins mit der Natur zu sein und seine Wurzeln wiederzufinden. Das Feedback, das mich hier erreicht, hat fast etwas Bedenkliches. Die meisten scheinen sich nur zu gerne aus ihrem Hier und Jetzt wegzuträumen und kehren nur ungern in die Realität zurück. Ich verstehe das, mir geht es genauso. Aber es ist auch ein Armutszeugnis für das Hier und Jetzt.
L. Mahfouz: Ich kann das schon verstehen, aber nicht, dass man wirklich den Wunsch hat, sich in ein Buch zu flüchten. Das bedeutet ja, dass man die Hoffnung aufgegeben hat, die Gegenwart verändern zu können. Das darf mit 70 passieren, aber nicht vorher. Solange wir uns noch verändern können, können wir auch noch die Welt um uns herum verändern und sollten es auch versuchen, wenn wir Missstände bemerken. Ich glaube fest daran, dass jeder kleine Schritt in die richtige Richtung ein Schritt ist, der die Welt verändern kann („Steter Tropfen höhlt den Stein.“).
Kannst Du uns noch etwas über den im Herbst ebenfalls im Drachenmond Verlag erscheinenden Roman „Die Seele des Ozeans“ erzählen?
B. Strauß: Was soll ich sagen … Überraschung! … auch hier dreht sich wieder alles um Liebe und Freiheit. Meine Lieblings-Meereswesen spielen wieder eine wichtige Rolle. Alle, die Meeresblau mochten, dürfen sich also freuen. In der Ozeanseele lernt ihr meinen bisher ungewöhnlichsten Helden kennen, und ich nehme euch mit an die irische Küste. Beziehungsweise mit unter die Wellen des irischen Meeres. Außerdem habe ich in dieser Geschichte mein erstes Meeresungeheuer kreiert. Ich liebe dieses Viech, auch wenn die Leser es hassen werden. Zumindest am Ende. Da tut das Ungeheuer nämlich etwas sehr Ungeheuerliches, das mir viele Leser nicht so schnell verzeihen werden.
L. Mahfouz: Das hört sich ja echt sehr spannend an. Ich freue mich schon sehr auf das Buch.
Herzlichen Dank, liebe Britta, für das ausdrucksstarke und fesselnde Interview! Ich wünsche Dir mit “Nocona”, “Sturmherz”, „Die Seele des Ozeans“ und allen weiteren Projekten von Herzen viel Erfolg!
B. Strauß: Liebe Laila, ich danke Dir für dieses tolle Interview. Und ich danke meinen Lesern dafür, dass sie mit mir gemeinsam auf Reisen gehen. Ich liebe es, Euch mit in meine Welten zu nehmen.
Laila Mahfouz, 4. Februar 2013
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