1. November 2014 im Kellertheater: Überraschung pur und Wiederholungen ohne jede Langeweile
Den Inhalt von Václav Havels Theaterstück zusammenzufassen, ist ein Unterfangen, von dem ich lieber die Finger lasse, denn es zerstört dem Zuschauer den Effekt in jeder Hinsicht. Dies mag der Grund sein, warum dieser Artikel fast zwei Monate verspätet erscheint. Dennoch wollte ich ihn schreiben, denn ich kann „Das Berghotel“ nur allen Zuschauern empfehlen, da es höchste Ansprüche ans Theater erfüllt, aber ebenfalls einen sehr unterhaltsamen Abend beschert.Der Autor Václav Havel (1936-2011) schrieb seit seinem 20. Lebensjahr absurde Theaterstücke und hatte in seiner Heimat, der Tschechoslowakei, ab 1968 Aufführungs- und Publikationsverbot. 1989 wurde er dann Staatspräsident der Tschechischen Republik und regierte bis 2003.
Irgendwie ging es bisher, irgendwie wird es auch weitergehen.
Der Mensch rutscht immer irgendwo ein wenig aus.
Literatur ist wichtig!
BesetzungPechar: Steffen Lorenz
Orloff: Peter Zschorsch
Kubik: Kathrin Heinrich
Dlas: Kalle Dittmann
Titz: Chris Berger
Rachel: Katrin Kuhn
Milena/Frau Pechar: Tatjana Lißner
Lisa: Christine Schäfer
Draschar: Susanne Hermann
Koterba: Guido Jaekel
Regie Conrad Leilich
Die Hotelordnung gilt für alle.
Hätte ich nur ein bisschen mehr Zeit, ich würde sofort anfangen, meine Memoiren zu schreiben! Mit jedem Jahr werden die Erinnerungen klarer.
Ich wollte nur sagen, dass sie doch ein wenig vorsichtig sein sollten.
Hier wird eine äußerst professionelle Leistung geboten. Die Schauspieler gehen in ihren Rollen auf und überzeugen. Dem Regisseur gelingt, was er sich vorgenommen hat, denn was hier geboten wird, kann mit großen Bühnen mithalten. Die Darsteller nehmen Havel ernst und geben ihm die Leichtigkeit, den Humor, die Ernsthaftigkeit und die sinnlose Sinnhaftigkeit, die er verdient. Langsam, doch unaufhaltsam wird es immer abstruser. Irgendwann bleiben zwar die Worte erhalten, doch die Rollen werden getauscht. So wabern die Smalltalk-Floskeln in Endlosschleife von Einem zum Anderen und es verwundert nicht, dass der einzig Stumme auf der Bühne, in dem ich den Autoren des Stückes erahne, ab und zu aufspringt und sein Instrument in einem stummen Aufschrei zum Klingen bringt.
Das Leben geht weiter.
Literatur ist wichtig!
Das ist aber ein unheimlicher Spiegel, wenn man plötzlich unten steht!
Jeder von uns muss diese oder andere Gesprächsfetzen als Alltagssprache erkennen. Dinge, die wir sagen und die kaum Bedeutung haben. Wenn alle reden, um zu reden und nicht um miteinander zu sprechen, weil sowieso meinst niemand dem anderen zuhört. Hier wird dies auf die Spitze getrieben, Havel dreht alles so lange und so schnell im Kreis, bis es ganz klar wird: Alles vermischt sich, bis alle nur noch eine einzige Person sind/ist, die kaum weiß, was sie redet und warum sie hier ist. Die ganze Sinnsuche des Menschen, die Identitätssuche ebenso wie der Wunsch nach belanglosem Alltag wird offenbar und macht Havels Theaterstück zeitlos – jedenfalls für Pessimisten. Ich hoffe noch, dass die Menschen sich ändern können, wenn sie oft genug in solch gelungene Spiegel schauen … Mir unverständlich ist das Unverständnis mancher Zuschauer gewesen: „Havel. Dass man den noch spielen kann… Ist ja nicht mehr die Zeit. Worum ging es da? Eigentlich ist das ja nicht zu verstehen… Komisch!“
Das ist aber ein unheimlicher Spiegel, wenn man plötzlich unten steht!
Fazit: Ich kann diese Aufführung nur jedem Theaterfreund empfehlen und allen, die gern über sich und die Welt nachdenken. Großartig gespielt und inszeniert. Ohne noch mehr Worte zu machen, schließe ich mit einem weiteren Zitat:
Wenn Sie keinen Verstand mehr haben, dann muss ich ihn haben!
Laila Mahfouz, 29. Dezember 2014
Links:
Der nächste Termin für „Das Berghotel“ ist bereits der 10. Januar 2015 um 20 Uhr. Sichern Sie sich jetzt Ihre Karten und verpassen Sie dieses wunderbare und selten aufgeführte Stück nicht. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite des Kellertheaters.
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