4. Januar 2013 im kleinen Hoftheater Hamburg: Ein Mann erlebt als „Ehrenfrau“ für einen Abend den Wahnsinn weiblicher Mitteilungs- und Versammlungsfreude.
Inhalt: Die Kumpels von Baggerführer Manni sagen zum ersten Mal das freitägliche Skatspiel ab und da seine Frau ihrer gestürzten Mutter zu Hilfe eilt, ist der ahnungslose Manni allein zu Haus und bereitet sich auf einen gemütlichen Abend vor, als es plötzlich an der Haustür klingelt. Wie eine Lawine stürzen sechs redefreudige Freundinnnen seiner Frau ins Haus und machen es sich wie selbstverständlich in der gemütlichen Wohnküche bequem. Was will diese Invasion, die ihm lauter als ein Presslufthammer auf seiner Baustelle erscheint? Klönen, Longdrinks schürfen und dabei eine Verkaufsparty abhalten. Dass ein Mann mit Unverständnis und Bademantel dabei stört, ist klar. Kurzerhand ernennen sie ihn zur „Ehrenfrau“ für einen Abend und lassen ihn nun teilhaben an Cocktails, Küchengeräten, Dessous und Gerede. Manni ist natürlich total überfordert. Oder doch nicht?
Schon als Manni (Alexander Grimm) zu Beginn des Stücks nach Hause kam und sich zwischen den drei Telefonaten mit seiner Frau und seinen beiden Skat-Freunden immer mehr entkleidete und schließlich im gemütlichen Jogginghosen-Bademantel-Look wieder die Bühne betrat, hatte er die Lacher auf seiner Seite. Als dann auch noch die quietschend quirlige, durcheinander quatschende, seine Wohnküche wie selbstverständlich belagernde Horde Frauen hereinstürmte, war sein hilflos verzweifelter Blick ein gutes Training für das Zwerchfell des Publikums. Hanna (Konni Fischer), Caroline (Petra Behrsing), Emily (Henrike Fehrs), Ina (Janet Petersen), Jasmin (Anna Suwald) und Lucy (Anja Frers) hatten zu jedem Thema etwas zu sagen und taten dies mit einer Energiegewalt und strahlenden Natürlichkeit, dass den Zuschauern ebenso schwindelig wurde wie Manni.
„Ich dachte, du bist schon lange mit den Kerlen durch.“
„Ja, mental schon, aber biologisch noch lange nicht!“
Es war schon sehr komisch mitzuerleben, wie Manni merkte, dass er sehr Vieles über seine Frau gar nicht gewusst und auch keine Ahnung gehabt hatte, was sich in seinen Küchen-, Wohnzimmer- und Kleiderschränken befand. Alexander Grimms mürrische Hilflosigkeit, die verbale Überforderung, die die meisten Männer im Kreise so vieler Frauen befällt, sowie seine unbeholfene Art bei der Umsetzung einfachster Küchenhandgriffe waren entzückend. Er spielte Manni mit großer Hingabe und Authentizität und schaffte es wunderbar, vom Fremdkörper zur integrierten „Ehrenfrau“ zu mutieren.
So mancher männliche Zuschauer wird wohl innerlich mit ihm mitgefühlt und gehofft haben, selbst nie in eine ähnliche Situation zu geraten. In den Frauen konnte sich wohl auch jede Frau im Publikum wiederfinden. Es handelte sich um sehr unterschiedliche Charaktere, was die Glaubwürdigkeit unterstrich. Dennoch hatte die geballte Frauen-Power, mit der Alexander Grimm als Manni fertig werden musste, etwas gemeinsam: die weibliche Freude an Kommunikation. Jedes Thema kam dran, von Urlaubsberichten über Koch- und Cocktailrezepte, Unterwäsche, Jobs, abwesende „Freunde“ und natürlich Männer. Sie nahmen dabei kein Blatt vor den Mund und ließen Manni oft sprachlos am Rande stehen und fassungslos lauschen. Nach diesem Abend wird er seiner Frau wohl sicher anders begegnen, denn er hat Frauen nun von einer Seite kennengelernt, die er zuvor nicht kannte.Besonders überzeugt haben mich Konni Fischer als Hanna, die wunderbar dominant und seriös, doch dabei stets liebenswert die Verkaufsleiterin spielte, Anja Frers als quirlige Lucy, die mit ihrer Freizügigkeit und Natürlichkeit so viel Energie und Lebendigkeit auf die Bühne brachte, dass sie auf alle abzustrahlen schien und natürlich Alexander Grimm als Baggerführer Manni, der mit seiner Rolle verschmolz und die langsam verschwindende Scheu Mannis sowie seine Schwächen und Unzulänglichkeiten glaubwürdig darstellte und am Ende den Unterschied zwischen Frau und Bagger erkannte. Auch Petra Behrsing ging in ihrer Rolle völlig auf und füllte Caroline vom Lande mit viel Leben. Henrike Fehrs als Emily aus dem Dessous-Geschäft und Janet Peterson als Ina, Lehrerin an einer Hauptschule, zeigten viel Spielfreude, doch wollten teilweise zuviel und schossen übers Ziel hinaus, was sich zum Beispiel im Bereich der Mimik zeigte. Anna Suwald als Jasmin blieb etwas farblos, doch der Charakter gab auch nicht so viel her wie der der anderen. Regisseurin Claudia Isbarn setzte das Bühnenstück von Ingo Sax hervorragend um. Sie alle zauberten damit ein sehr erheiterndes Stück Realität auf die Bühne.
Fazit: Männer wie Frauen werden sich in den Personen auf der Bühne wiederfinden und mehr als einmal herzlich lachen, wenn ihnen der Spiegel vorgehalten wird. Solange man noch über sich selbst lachen kann, ist doch noch nichts verloren. Vielen Dank für diesen wahrlich gemütlicher Abend im Hoftheater!
Laila Mahfouz, 5. Januar 2013
Links:
„Ein gemütlicher Abend“ wird im Hoftheater Hamburg jeweils Fr – So noch bis einschließlich 3. Februar 2013 gezeigt. Nähere Informationen zum aktuellen Stück, zum Theater und den nächsten Aufführungen finden Sie auf der Seite des kleinen Hoftheaters Hamburg.
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