Lesung am 20. Februar 2018 im Literaturhaus Hamburg: Vor mehreren Schulklassen las Alina Bronsky aus ihrem Jugendroman »Und du kommst auch drin vor«, in dem eine Schullesung der Auslöser für allerhand haarsträubende Ereignisse wird. Die Autorin und ihr Buch zogen die jungen Zuhörer sofort in ihren Bann.
Handlung (Verlagstext):Seit der ersten Klasse sind sie beste Freundinnen: Kim, 15, eher unauffällig, und Petrowna, klug, exzentrisch und daran gewöhnt, immer und überall den Ton anzugeben. Alles wird anders, als die beiden mit ihrer Klasse zu einer Schullesung gehen: Während die anderen tuscheln, sich die Haare kämmen oder aus dem Fenster schauen, wird Kim hellhörig, denn was die Autorin da vor sich hin nuschelt, handelt von ihr. Okay, es kommen andere Namen vor und ein paar unwichtige Details stimmen nicht, aber der Rest ist sie! Doch die Geschichte geht nicht gut aus, vor allem nicht für Jasper, Kims Klassenkameraden, der, wenn das Buch die Wahrheit sagt, am Ende an einem Wespenstich stirbt. Um das zu verhindern, bleibt Kim nichts anderes übrig, als ihr Leben völlig auf den Kopf zu stellen. Auf einmal macht sie alle möglichen Dinge zum ersten Mal, wie zum Beispiel Jasper zu küssen. Das aber passt Petrowna ganz und gar nicht ins Konzept…
Das JuLit veranstaltet regelmäßig Lesungen für Jugendliche, an denen Schulklassen kostenlos teilnehmen können. Aktuelle Büchertrends werden auf diesem Weg einer neuen Lesergeneration vorgestellt. Im Rahmen der »Supernova«, einer Lesereihe für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren des Literaturhauses Hamburg in Kooperation mit dem Jugendinformationszentrum / JIZ / Medienpartner NDR Info, las Alina Bronsky aus ihrem Roman »Und du kommst auch drin vor« und tauschte sich im Anschluss mit den SchülerInnen über ihre Leseerfahrungen aus.
Wie Alina Bronsky erzählte, kam ihr die Idee zu dem Roman, als sie über die Lesungen nachdachte, zu denen Kinder gezwungen werden und wie es ist, wenn sie nicht freiwillig lesen. Anders als in ihrem Roman waren ihre jungen Zuhörer im Literaturhaus sehr aufmerksam und interessiert. Als die Schulklasse im Roman einer Autorinnenlesung lauschen soll und fast jeder Schüler mit etwas anderem beschäftigt ist, merkt die Ich-Erzählerin Kim plötzlich und vollkommen unerwartet, dass die Autorin Leah Eriksson eindeutig aus Kims Leben liest. Alles in dem Roman mit dem Titel »Dinge, die du nie erfährst« ist Kim auf merkwürdige Weise vertraut. Die Umstände der Trennung ihrer Eltern, Angewohnheiten der Mutter und sogar ganze Sätze, die Kim selbst gesagt hat. Dem Mädchen wird immer unheimlicher zumute, aber nicht einmal ihre beste Freundin Petrowna bemerkt die Parallelen zu Kim:
»Ich konnte es nicht fassen. Was diese Leah Eriksson da nuschelte, handelte von mir. […] Und dabei fiel niemandem irgendetwas auf. Es hörte ja niemand zu. […]
Es ärgerte mich, dass die anderen immer lauter wurden. Ich konnte kaum noch etwas verstehen. Ich wünschte mir, dass diese Leah aufhörte zu lesen. Und hatte gleichzeitig Angst davor, als könnte ich aufhören zu atmen, wenn sie aufhören würde zu lesen.«
Kapitel 1 / Seite 8 + 9
Nach der Lesung will Kim das Buch unbedingt lesen, um herauszufinden, wie ihr Leben weitergeht bzw. ob die Autorin im Buch hoffentlich noch anders abbiegt, Kim sich geirrt hat und die Romanfigur am Ende doch nichts mit ihr zu tun hat. Kim ist keine Leserin. »Dinge, die du nie erfährst« ist das erste Buch, das sie sich kauft und freiwillig liest, aber je weiter sie in das Geschehen eintaucht, desto mehr macht es ihr Angst. So versucht sie, Einfluss auf die Dinge zu nehmen, die die Autorin Leah Eriksson ihr im Buch als Zukunft androht. Sicher lässt sich doch das Schlimmste verhindern, obwohl es im Buch steht. Oder nicht?
»Meine Gedanken waren meine Gedanken. Meine Sätze wurden nicht von jedem zweiten Mädchen gesprochen. Oder? Ich musste weiterlesen und ich hatte Angst davor. […]
Ich hatte das Buch immer wieder unterm Kissen hervorgeholt, einen Absatz gelesen und es wieder wütend zugeschlagen. […]
Das Buch erzählte, wie es in meinem Leben weitergehen würde. Ich wollte das nicht wissen. […]
Ich kämpfte gegen den Wunsch, das Buch hinten aufzuschlagen und das Ende zu lesen.«
Kapitel 2 / Seite 23 + 24
Die Handlung von »Und du kommst auch drin vor« ist irrwitzig und seine Figuren sind durchweg sehr gelungen und authentisch. Kim ist ein wenig verwöhnt und egozentrisch. Doch das Buch kann durchaus als Entwicklungsroman angesehen werden, denn all die Ereignisse und vor allem wie ihre Umwelt auf sie reagiert und ihr den Spiegel vorhält, bringt Kim dazu, sich sehr zu verändern, sich nicht immer in den Mittelpunkt zu stellen und auch die Bedürfnisse und Probleme anderer zu bemerken.
Alina Bronskys erschuf für ihren Roman »Und du kommst auch drin vor« aber auch wunderbare Nebenfiguren. Da ist allen voran natürlich Petrowna, die beste Freundin von Kim. Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit und sollte dieser Roman fortgesetzt werden, dann hoffentlich mit Petrowna in der Hauptrolle.
Die Figur der Autorin ist komisch und ein wenig traurig zugleich. Leah Eriksson ist eine wirkliche Type. Die Passagen mit ihr und über den Literaturbetrieb habe ich sehr genossen, weil diese Schriftstellerin einen staubtrockenen Humor hat, den Kim teilweise überhaupt nicht versteht.
Dann gibt es da noch den wirklich umwerfend sympathischen und freundlichen Jasper, der laut Buch und dann auch im echten Leben plötzlich in Kim verschossen ist. Seine Zuneigung ist ihr allerdings äußerst lästig und auch die Tatsache, dass sie mit ihm gemeinsam über das Buch »Dinge, die du nie erfährst« von Leah Eriksson referieren soll, empfindet sie als unzumutbar. Immerhin geht es in dem Roman ja um sie. Erst als Kim liest, dass Jonathan, wie Jasper im Buch heißt, in Gefahr gerät, nimmt sie sich vor, Jasper vor diesem Schicksal zu bewahren. Doch damit fangen die Schwierigkeiten und Komplikationen erst richtig an.
Der Roman ist im September 2017 im dtv Verlag als gebundenes Buch erschienen. Der Schutzumschlag ist eine Art silberne Spiegelfolie, die bewirkt, dass der Leser oder die Leserin sich direkt im Cover spiegeln kann und so selbst Teil des Buches wird und den Inhalt noch mehr auf sich selbst beziehen kann.
Fazit: Alina Bronskys Roman »Und du kommst auch drin vor« ist für Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren bestens geeignet. Natürlich ist dieser Jugendroman nicht mit ihrem großen Erfolg »Scherbenpark« oder den literarisch grandiosen Romanen »Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche« oder »Baba Dunjas letzte Liebe« zu vergleichen, aber für Jugendliche des entsprechenden Alters kann ich das Buch uneingeschränkt empfehlen. Die Charaktere, insbesondere die umwerfende Petrowna, werden sicher viele LeserInnen von dieser spannenden Geschichte überzeugen. Alina Bronsky hat sich für eine sehr heutige Jugendsprache der Ich-Erzählerin Kim als Erzählton entschieden und trifft damit voll ins Schwarze. Die jungen Besucher der Lesung im Literaturhaus lauschten gebannt und waren sichtlich in die Geschichte eingetaucht.
Alina Bronskys Roman »Und du kommst auch drin vor« ist im September 2017 für EUR 16,95 im dtv Verlag erschienen – gebunden, 192 Seiten, ISBN 978-3423761819.
Eine Leseprobe finden Sie hier.
Über die Autorin: Alina Bronsky wurde 1978 in Jekaterinburg, Russland, geboren und lebt seit ihrer Kindheit in Deutschland. Ihr Debütroman »Scherbenpark«, der unter anderem für den Jugendliteraturpreis nominiert war, wurde auf Anhieb zu einem Bestseller und für das Kino verfilmt. Es folgten weitere hocherfolgreiche Bücher, zuletzt der Roman »Baba Dunjas letzte Liebe«, der lange auf der Spiegel-Bestsellerliste stand und für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Alina Bronsky lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Laila Mahfouz, 1. Mai 2018
Links:
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