Wie schön, dass mein Mann meine Begeisterung für die Natur teilt. Mit großem Vergnügen sind wir einen ganzen Tag durch Kew, die Royal Botanic Gardens von London, flaniert. Wir tauchten ein in ein Meer aus Farben und Düften und ließen uns von der dem Auge immer wieder neue Perspektiven eröffnenden Landschaft, den abertausenden Blüten und alten Baumriesen verzaubern.
Kew Gardens ist ein botanischer Garten der Superlative! Der zwischen Richmond upon Thames und Kew gelegene Landschaftspark zählt nicht nur zu den ältesten botanischen Gärten der Welt, viele seiner Pflanzen sind in Europa oder der ganzen nördlichen Halbkugel nicht heimisch und scheinen dennoch, mit dem dortigen Klima bestens zurecht zu kommen. Kew Gardens ist eine ausgedehnte Parkanlage. Auf 120 Hektar sind neben den viktorianischen Gewächshäusern des Architekten Decimus Burton, historischen Bauwerken wie Kew Palace oder einer japanischen Pagode, unzählige seltene Pflanzen zu bewundern, die hier teilweise schon vor sehr langer Zeit eine neue Heimat gefunden haben.
Schön ist, dass Kew Gardens sich in den letzten Jahren intensiv der Umweltbildung, der Forschung und dem Naturschutz widmet. Verständlicherweise besuchen jährlich etwa 1 bis 2 Millionen Menschen den Garten. Hierzulande scheint er allerdings nur eingeschworenen Pflanzenfreuden bekannt zu sein, obwohl der Park mit seinen sechs Glashäusern zum Weltkulturerbe zählt. Bei schönem Wetter sind die Kew Gardens wirklich zu jeder Jahreszeit das perfekte Ziel für einen Tagesausflug – ob allein, zu zweit oder mit der ganzen Familie.
Die hier beigefügten Bilder sollen nur einen kleinen Eindruck vermitteln, sind aber natürlich nur ein Bruchteil von denen, die wir im Park aufgenommen haben. Wir waren hingerissen von den Kamelien, den Berberitzen und den vielen alten Rhododendrongewächsen – alle in voller Blüte, aber am meisten begeistert haben uns die Bäume. 14.000 Baumarten wurzeln in Kew Gardens. Ein Aufstieg zum Xstrata Baumwipfelpfad, von dem aus der Park aus der Vogelperspektive zu bewundern ist, lohnt sich auf jeden Fall.
Faszinierenderweise war das April-London dem April-Hamburg einen ganzen Monat voraus, so dass die Kirschblüte schon vorbei war und die Bäume überall schon mit grünen Kronen strahlten, wo sich zu Hause gerade mal die ersten Knospen zeigten. Da sich so viele Pflanzen von ihrer besten Seite zeigten, ist der Zeitpunkt für einen Besuch in Kew Gardens wirklich ideal gewählt gewesen.
Aus dem Jahre 1919 stammt eine von Virginia Woolfs ersten Erzählungen, »Kew Gardens«, die von den Royal Botanic Gardens in einem Geschenkband mit Illustrationen von Livi Mills im Oktober 2015 neu aufgelegt wurde.
Die charmante kleine Erzählung »Kew Gardens« von Virgina Woolf, einer der faszinierendsten literarischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, führt ihre Leser an einem heißen Julitag nach Kew Gardens. Es muss ein besonderes Plätzchen sein, das sich die Erzählerin ausgesucht hat, denn von diesem Ort aus betrachtet sie den Park, die Pflanzen, Tiere und die Menschen, deren Unterhaltungen sie in Gesprächsfetzen wiedergibt. Die sanften Wechsel der verschiedenen Gespräche, Charaktere und Problematiken fügen sich in die Landschaft ein, wie die unterschiedlichen einheimischen und exotischen Pflanzen.
»They walked on the past the flower-bed, now walking four abreast, and soon diminished in size among the trees and looked half transparent as the sunlight and shade swam over their backs in large trembling irregular patches.«
Seite 13
Virginia Woolfs Erzählung »Kew Gardens« zu lesen, führt direkt hinein in Londons botanischen Garten und seine faszinierende Pflanzenwelt. Es ist ein kleines Buch, das sich immer wieder und wieder lesen lässt. Im Sommer lässt es mitfühlen, im Herbst ein wenig schwermütig werden, im Winter hilft es beim Träumen vom Grün und im Frühling, wenn die Sehnsucht nach Sommertagen im Garten am stärksten ist, lassen sie sich mit der Erzählung vorab heraufbeschwören. Das Buch ist eine schöne Ergänzung für jede Virginia Woolf Sammlung, eine Zierde im Bücherregal und es ist, als wäre der Leser selbst in Kew Gardens, einem der schönsten Gärten der Welt.
»[…] the white butterflies danced one above another, making with their white shifting flakes the outline of a shattered marble column above the tallest flowers; the glass roofs of the palm house shone as if a whole market full of shiny green umbrellas had opened in the sun; and in the drone of the aeroplane the voice of the summer sky murmured its fierce soul.«
Seite 36 + 37
Virginia Woolfs Erzählung »Kew Gardens« mit Illustrationen von Livi Mills ist im Oktober 2015 für £8.00 / EUR 9,99 im Verlag des Royal Botanic Gardens erschienen – gebunden, 39 Seiten, ISBN 978-1842466100.
Fazit: Dies war zwar unser erster, aber sicher nicht unser letzter Besuch in Kew. Es wäre spannend, den Park zu einer anderen Jahreszeit wiederzusehen und sich erneut von seiner Schönheit und seinem Zauber einfangen zu lassen. Ich bin schon neugierig, wann wir die Gelegenheit dazu bekommen werden. Wer Pflanzen liebt und sich für ausgefallene Arten begeistern kann, sollte unbedingt mindestens einmal im Leben einen Ausflug nach Kew Gardens machen. Vielleicht ist Virginia Woolfs Erzählung genau die richtige Einstimmung für Sie!
Hier noch ein paar Impressionen aus Kew Gardens:
Laila Mahfouz, 19. Juni 2017
Links:
Unsere Fotostrecke finden Sie hier. Die Rechte an den Fotos liegen bei Laila Mahfouz.
Die offizielle Website von Kew Gardens finden Sie hier.
Den deutschen Wikipedia-Eintrag zu Kew Gardens finden Sie hier.
Den deutschen Wikipedia-Eintrag zu Virginia Woolf finden Sie hier.
Informationen zu Laila Mahfouz finden Sie hier.