16. August 2015: Nach der begeistert aufgenommenen Preview des Films „Taxi“ im Abaton-Kino stellten sich Regisseurin Kerstin Ahlrichs und Autorin Karen Duve dem Gespräch mit dem Publikum.
Handlung: Alexandra ist Mitte 20 und hat ihre Ausbildung zur Versicherungskauffrau abgebrochen, da sie sich fast lebendig begraben fühlte. Sie beginnt, Taxi zu fahren und bittet um Nachtschichten, die ihr interessanter erscheinen und besser bezahlt sind. Nun erlebt sie Hamburg in der Nacht und das Mitte der 80er Jahre: gefühlt jeder raucht, alle diskutieren über alles Mögliche, keiner weiß wirklich, wer er ist, aber alle wollen dabei sein. Ihre Taxi-Kollegen sind mehr oder weniger gescheiterte Existenzen, doch schon bald beginnt sie eine Affäre mit ihrem künstlerisch begabten Kollegen Dietrich. Alexandra liebt die Nachtfahrten, in denen sie sich befreit fühlt von ihrer spießigen Familie und den Anforderungen, die alle an sie zu haben scheinen. Dass sie auch mal unangenehme Fahrgäste hat, ist ihr egal, solange der Verdienst stimmt.
Lange sucht Alexandra ihren Platz im Leben, denn eigentlich ist sie immer auf der Flucht und die Vorstellung einer Beziehung zu einem anderen Menschen engt sie ein. Als sie den kleinwüchsigen Marc kennenlernt, bekommt ihre rauhe Schale immer mehr Risse. Auch wenn sie es versucht, sie kann ihm nicht fern bleiben. Alexandras Beziehungsangst stellt seine Geduld auf eine harte Probe und seine Kleinwüchsigkeit erweist sich als weitere Hürde, die es zu überwinden gilt. Erst als ein Affe mit ähnlichem Freiheitsdrang wie Alexandra dafür sorgt, dass ihr Taxi als Totalschaden endet, erkennt sie: Das Leben ist viel zu aufregend, um vor ihm zu fliehen.
Rosalie Thomass ist eine wunderbare Besetzung für die Alexandra und noch dazu gleicht sie Karen Duve sehr, die den Roman geschrieben hat und selbst mehr als 10 Jahre in Hamburg Taxi gefahren ist. Thomass spielt souverän, abgebrüht und dennoch verletzlich. Immer wieder lässt sie zwischen den coolen Sprüchen und dem lockeren Gehabe Alexandras große Angst vor Nähe durchblitzen. In diesem Falle sind zwar die Idee und die Personen aus dem Buch übernommen worden, doch stellt der Film ein ganz anderes und eigenständiges Medium dar, das dem Buch nicht immer hundertprozentig gleichen muss. Im Gegensatz zu Karen Duves Roman stellt der Film zum Beispiel die Liebesbeziehung zwischen Alexandra und Marc in den Vordergrund. Sicher hat die Gelegenheit, den charismatischen Peter Dinklage (bekannt aus „Games of Thrones“) für die Rolle des Marc zu besetzen, zu dieser Entscheidung beigetragen. Wie Kerstin Ahlrichs im Interview mitteilte, war von vorneherein klar, dass nur ein kleinwüchsiger Darsteller in Frage kommt, der Charisma und Sex-Appeal besitzt, um die Rolle glaubwürdig darzustellen. Die Traumbesetzung fand sie in Peter Dinklage, der eine seiner besten Leistungen abliefert. Die Gefühlswelt eines 1,35 Meter kleinen Mannes, der sich in eine große Frau verliebt, ist zum Greifen nah und berührt tief. Den beiden Hauptdarstellern zuzusehen, ist wirklich ein Vergnügen. Auch in den Nebenrollen ist „Taxi“ mit Stipe Erceg, Robert Stadlober, Antoine Monot Jr., Özgür Karadeniz, Tobias Schenke und Armin Rohde bestens besetzt.
Der Trailer von „Taxi“ vermittelt einen guten Eindruck vom Film.
Das Flair der 80er Jahre in Hamburg, dieser besondere Sound, die Farben, die Kleidung, alles stimmt. Kerstin Ahlrichs hat den Film mit der Liebe zum Detail umgesetzt. Trotz der vielen Drehorte und nostalgischen sowie historischen Einzelheiten wirkt der Film nie überfrachtet. Die Zusammenarbeit von Kerstin Ahlrichs mit Karen Duve war so harmonisch, dass eine weitere Romanverfilmung der beiden Powerfrauen sich schon in Planung befindet.
Zum Gelingen des Films hat ein weiteres Element entscheidend beigetragen: Die wunderbar und eigens für den Film komponierte Musik von Michel Van Dyke. Die Lieder klingen, als würde man sie schon seit den 80er Jahren kennen. Sie haben diesen ganz speziellen Sound und tragen den Film und den Zuschauer wie auf einer Zeitreise in die Vergangenheit. Karin Duve und Michel van Dyke ließen beide eigene Erfahrungen in ihr Werk einfließen. Sie waren in den 80er Jahren in Hamburg und haben beide die Diskothek Kir besucht. Begegnet sind sie sich aber erst jetzt – 30 Jahre später.
Fazit: Die Leistungen der Schauspieler sind durchweg hervorragend. Der Film ist witzig, unterhaltsam und bewegend zugleich. Die schlagfertige Alexandra, ihre Suche nach dem Glück sowie die großartig umgesetzte Schlüsselszene mit dem Affen bleiben noch lange im Gedächtnis. Die DVD ist schon auf meiner Merkliste gelandet, denn die Umsetzung von „Taxi“ ist Regisseurin Kerstin Ahlrichs bestens geglückt. Ein rundum gelungener Film und eine Empfehlung für alle, die das Flair der 80er Jahre noch einmal erleben und in ihren Erinnerungen schwelgen wollen.
Laila Mahfouz, 14. September 2015
Links:
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