Vom 22. – 27. April 2015 fand in Sarajevo die 27. Internationale Buchmesse statt. Ich freue mich, dass die Anthologie „Ankunft im Dazwischen“ des Verlages Das Bosnische Wort, die u. a. einen meiner Kurzprosatexte sowie die großartige Erzählung „Der Novotnysche Ereignishorizont“ von Anders Balari enthält, durch den Verleger und eine unserer Herausgeber, Emina Kamber, dort vorgestellt wurde.
Ankunft im Dazwischen
(vom Verlag entnommen): Ankunft ist viel mehr als Ankommen. Ankunft bedingt ein Einverständnis, eine Übereinkunft. Die Ankunft hat eine soziale Dimension. Wer bloß geht, kann das auch auf eigensinnige, autistische oder zerstörerische Weise tun. Im Krieg geht man auf einander los. Übereinkünfte trifft man zum Frieden, zur Versöhnung. Sind sie erfolgt, bekräftigt und mit Leben erfüllt, gibt es eine Ankunft im Neuen, Besseren, Einenden. Wo nicht, da ist man noch unterwegs. […] Es ist der Versuch, sich Bosnien und seinen Menschen in Krieg und Frieden anzunähern, und zwar mit literarischen Mitteln. Schreibende aus Deutschland und Osteuropa geben zu Protokoll, was Ankunft bedeuten kann – für sie oder für die Menschen in Bosnien. Und sie stellen fest: Von einem endgültigen Zuhause kann noch lange nicht die Rede sein. Nur von einem Dazwischen, aber immerhin.
v. l. Emina Kamber und Laila Mahfouz
(Foto: Günther von der Kammer)
Die Bosnierin Emina Čabaravdić-Kamber ist eine freie Autorin und Malerin und lebt seit 1968 in Hamburg. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich aufopfernd für Bosnien. Hervorzuheben ist insbesondere Frau Kambers Arbeit mit kriegstraumatisierten Kindern, denen sie durch Kunst eine Form des Ausdrucks ihres Seelenlebens aufzeigt. 1996 wurde ihr für ihre literarische Arbeit zum Thema Frieden und zur Beendigung des Krieges in ihrer Heimat Bosnien verdientermaßen die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Auch wurde ihr im Jahre 2008 auf der Buchmesse in Sarajevo von dem Verlag „Das Bosnische Wort“ eine Auszeichnung für ihr Lebenswerk verliehen.
So ist diese Anthologie auch nicht die erste Zusammenarbeit Emina Kambers mit dem Verlag. Nach den Büchern „Ich hätte dich gern lachen sehen“, „…und Bosnien nicht zu vergessen“ und „Brücke der Hoffnung“ bildet „Ankunft im Dazwischen“ nun den Abschluss des zehnjährigen Projektes zum Themenkomplex „Bosnien nach dem Bürgerkrieg“. Alle vier Sammelbände, die Lyrik, Essays und Erzählungen von Autoren aus sieben Ländern enthalten, sind in der Edition Literaturkarawane erschienen. Diese Bücher sind in dem von Emina Kamber und ihren Mitstreitern (u. a. Gino Leineweber und dem zweiten Herausgeber von „Ankunft im Dazwischen“ Reimer Boy Eilers) 2012 gegründeten Verlag Expeditionen auch als E-Books erschienen. Die Autoren dieser Anthologien hatten sich zuvor in einer der seit 2004 von Emina Kamber auf der Halbinsel Pelješac geleiteten Schreibwerkstätten zusammengefunden, um ihren unterschiedlichen Erfahrungen des Balkans literarisch Ausdruck zu verleihen.
Verspätet aber nicht weniger von Herzen möchte ich noch dem bosnischen Schriftsteller Saša Stanišić zum Preis der Leipziger Buchmesse 2014 gratulieren. Sein grandioser Roman „Vor dem Fest“, der in der Uckermark verortet ist und 2014 im Luchterhand Verlag erschien, wurde endlich ins Bosnische übersetzt und auf der 27. Buchmesse in Sarajevo erstmals vorgestellt. Die Übersetzung von Dragoslav Dedović ist im April 2015 unter dem Titel „Uoči svetkovine“ beim Verlag Buybook, Sarajevo erschienen. Wer „Vor dem Fest“ noch nicht kennt, aber poetische Sprache und ruhig-melancholisch-schöne Handlungen mag, dem ich kann den Roman des seit 1992 in Deutschland lebenden Saša Stanišić nur wärmstens ans Herz legen.
Fazit: Mein Appell ist einfach, denn ich halte mich dabei an einen der Anthologie-Titel: Bosnien sollte nicht vergessen werden, denn seine Menschen sind warm und herzlich, seine Lieder lebenslustig und traurig zugleich und seine literarischen Stimmen sind schön und wichtig und sollten allseits Gehör finden!
Laila Mahfouz, 6. August 2015
Links:
Informationen zur Anthologie im Verlag Expeditionen finden Sie hier.
Die Facebook-Seite der Autorin Emina Čabaravdić-Kamber finden Sie hier.
Informationen zu Laila Mahfouz