Von der ersten großen Liebe über Probleme wie Mobbing und Agressivität führt uns Antje Szillat in ihrem „Dornröschen“-Roman „Solange du schläfst“ in telepathische Welten, auf die sich der Leser einlassen sollte. Auch wenn die Handlung manchmal vorhersehbar ist, lohnt der offene Blick auf surreale Elemente der Geschichte ebenso wie der flüssige Erzählstil der Autorin.
Inhalt: Die sechzehnjährige Anna zieht mit ihren Eltern von Bremen in das kleine Dorf Mahlhausen. Zwar ist es anfangs schwierig, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, aber die Nähe zur Natur und der Platz für die Pferde machen auch Anna die Entscheidung leichter. In der neuen Schule fühlt sie sich anfangs allerdings nicht besonders wohl, bis sie auf Jérome trifft. Der Junge mit der dunklen Haut, den leuchtenden Augen und den unwiderstehlichen Grübchen hat es ihr sofort angetan und beide verlieben sich auf den ersten Blick ineinander. Nun könnte alles so schön sein, im Dorf ist Jérome jedoch ein Außenseiter, der von der dortigen Gang aufs Übelste gemobbt wird. Als die Dorfjugend erfährt, dass Anna mit ihm befreundet ist, überträgt sich die Ablehnung auch auf sie und es wird mit allerlei Gerüchten und Andeutungen versucht, Anna von Jérome fernzuhalten. Bei einem Dorffest macht das Mädchen aber deutlich, dass sie zu Jérome steht und lässt den Sohn des Bürgermeisters, der die Gang anführt, gehörig abblitzen. Am nächsten Morgen ist Jérome verschwunden und wird erst viel später schwer verletzt gefunden. Seither liegt der Junge im Koma und Anna versucht verzweifelt herauszufinden, was passiert ist. Leider stösst sie bei ihrer Suche nur auf Unverständnis. Die einzige Unterstützung erfährt sie durch Jéromes Mutter, die rasch begreift, wie eng die beiden Jugendlichen verbunden sind. Immer öfter erscheinen Anna Bilder und Worte in ihrem Kopf, die nicht ihre eigenen zu sein scheinen. Sie glaubt, Jérome schicke ihr Botschaften, die ihr bei der Lösung des Rätsels helfen können. Als sie der Lösung jedoch zu nah kommt, bringt sie sich selbst ebenfalls in Gefahr.
Die Liebesgeschichte, die mit einer gehörigen Portion Psychologie gewürzt ist, gelingt Antje Szillat mit diesem schön gestalteten Jugendbuch auf jeden Fall. Für Menschen, die Dingen, die sie nicht sehen oder berühren können, sehr ungläubig gegenüber stehen, mag die Handlung wenig glaubhaft scheinen, für mich erweist sich die enge Verbindung von Anna und Jérome und die dadurch entstandene Telepathie jedoch als passend und richtig. Da sich die Autorin, wie man auch im Nachwort lesen kann, eingehend mit dem Thema Koma beschäftigt hat, wird auch Jéromes Lage anschaulich und eindringlich dargestellt. Natürlich geht es in dem Roman vorrangig um die erste große Liebe, doch auch Probleme wie Mobbing, Drogen und Vorurteile sind ein Teil der Geschichte und so wandelt sich das Buch immer mehr zu einem Jugendthriller, der ohne Vampire, Elfen oder andere Fantasy-Elementen auskommt, sich aber doch teilweise auf einer surrealen Ebene aufhält.
Ein Kompliment an Felicitas Horstschäfer für die dekorative Gestaltung des Covers. Aus dem vorderen Umschlag wurden Ranken gestanzt, die ein großes Herz in ihrer Mitte hinterlassen. Auf dem roten Blatt darunter steht der Titel, der durch das Herz-Loch zu sehen ist. Eine wunderschöne Idee, und eine feine Anspielung auf Dornröschen, das in diesem Fall Jérome heißt und männlich ist. Auch der Beginn jedes Kapitels ist mit Rosen in grau umrankt. Optisch ist das Buch auf jeden Fall ein Highlight im Bücherregal.
Fazit: Die Handlung ist zwar teilweise ziemlich vorhersehbar, wird jedoch wunderschön erzählt. Die Personen sind sympathisch und für Gleichaltrige sicher mit Identifikationspotential. Dem empfohlenen Alter von 13 – 17 Jahren kann ich in diesem Fall nur beipflichten. Insgesamt eine schöne Liebesgeschichte für Jugendliche, die auch ernste und surreale Themen nicht ausspart.
Zur Autorin: Antje Szillat, 1966 geboren, arbeitete viele Jahre als Lerntherapeutin und -beraterin, bevor sie beschloss, ihren Kindertraum wahr zu machen und Schriftstellerin zu werden. Heute lebt die freie Redakteurin und Autorin mit ihrem Mann, ihren vier Kindern und vielen Tieren in einer Kleinstadt vor den Toren Hannovers. Die Leseförderung und der Kontakt zu ihren jungen Lesern liegen ihr ganz besonders am Herzen, weshalb sie diese mit Begeisterung durch Lesungen und Workshops pflegt.
Antje Szillat „Solange du schläfst“, Hardcover mit Laserstanzung, 256 Seiten, erschienen beim Coppenrath Verlag für EUR 14,95 unter ISBN 978-3649602910.
Laila Mahfouz, 11. August 2012
Links:
Die Homepage von Antje Szillat
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Infos zu „Solange du schläfst“ auf den Seiten des Coppenrath Verlags
Informationen zu Laila Mahfouz