Lesung am 1. Februar 2017 im Schauspielhaus Hamburg: Martin Suter, der als Gast der Buchhandlung Heymann in Hamburg war, las aus seinem neuen Roman »Elefant« und erzählte, wie er zu der rosarotleuchtenden Hauptperson kam und wie er für seinen Roman recherchierte.
Inhalt (Verlagstext):
Ein Wesen, das die Menschen verzaubert: ein kleiner rosaroter Elefant, der in der Dunkelheit leuchtet. Plötzlich ist er da, in der Höhle des Obdachlosen Schoch, der dort seinen Schlafplatz hat.
Wie das seltsame Geschöpf entstanden ist und woher es kommt, weiß nur einer: der Genforscher Roux. Er möchte daraus eine weltweite Sensation machen. Allerdings wurde es ihm entwendet. Denn der burmesische Elefantenflüsterer Kaung, der die Geburt des Tiers begleitet hat, ist der Meinung, etwas so Besonderes müsse versteckt und beschützt werden.
Mit Kester Schlenz unterhielt sich der Bestseller-Autor über die Idee zu und die Arbeit an seinem Buch, über Elefanten und Gen-Technik. Seine eigene Meinung zum letzten Thema sei gespalten, sagte Suter. Obwohl er durchaus den Segen für die Medizin z. B. in Form eines Organersatzes sehen würde, sei die Vorstellung doch schrecklich, einen Menschen „designen“ zu können. Dennoch scheint nichts die Menschheit in ihrem ewigen Zwang, die Natur zu kontrollieren, aufhalten zu können. Martin Suter meinte dazu:
»Alles, was man machen kann, wird auch gemacht.«
»Ich traue vielen Leuten, wenn es um viel Geld geht, vieles zu.«
Ausführlich erzählte Suter von seiner Begegnung mit Prof. Dr. Jucker, dem Leiter des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen, der ihm schon vor Jahren sagte, dass es gentechnisch möglich wäre, einen kleinen rosa Elefanten zu erschaffen, der im Dunkeln leuchtet. Dieser Gedanke ließ Suter nicht mehr los und so hat sich die kleine Elefantendame Sabu Barisha ihren Platz in Martin Suters Gedanken und in seinem neuen Roman erobert.
Kester Schlenz: »Ihr Schreiben wirkt immer so unangestrengt – wie machen Sie das?«
Martin Suter: »Indem ich mich sehr anstrenge!«
Wie aus dem, diesem Absatz vorangestellten Gesprächausschnitt ersichtlich ist, weiß Martin Suter stets, schlagfertig zu kontern. Die Lesung war ebenso eine humorvolle Unterhaltung wie der Roman selbst. Obwohl ich Martin Suter aufgrund seines neuesten Werks eine gewisse Altersmilde nicht absprechen kann, werfe ich ihm diese im Gegensatz zu manchem Kritiker nicht vor. Meiner Meinung nach sind die Handlungsweisen der verschiedenen Figuren in »Elefant« stets nachvollziehbar und schlüssig. Dass die meisten Menschen beim Anblick des niedlichen rosa Elefantenbabys sentimental werden und Muttergefühle entwickeln, ist sehr wohl nachvollziehbar. Wer könnte es ihnen verdenken? Ich halte im Gegenteil jeden für im tiefsten Innern gestört, der beim Anblick, egal welcher Form der Natur, als einziges Gefühl Profitgier entwickelt.
»Aus Ehrfurcht vor dem Leben, wie auch immer es entstanden sein mag […] Schöpfung oder Evolution […] Manchmal denke ich, es ist dasselbe. Der Unterschied ist nur die Zeitspanne. Sieben Tage oder ein paar Millionen Jahre – Zeit ist relativ. Alles eine Frage der Perspektive.«
Seite 275
»Elefant« erfüllt alle Kriterien eines guten Unterhaltungsromans und bietet darüber hinaus als Thema die Gen-Technik, über die sich nach der Lektüre noch mehr nachdenken lässt. Wer sich immer schon für Elefanten interessiert haben sollte, kommt hier auch ganz sicher auf seine Kosten, denn der Roman schenkt viele ungewohnte Einblicke in Verhalten, Haltung in Gefangenschaft, Vermehrung und vieles mehr.
Fazit: Martin Suters neuester Roman »Elefant« ist eine Empfehlung für Menschen, die sich für das schwierige Thema der Gen-Technik und die damit verbundenen ethischen Fragen interessieren sowie für alle, die sich von ungewöhnlichen Themen, fremden und vertrauten Schauplätzen und besonderen Tierarten bereichern und verzaubern lassen wollen. An manchen Stellen hätte ich mir schon etwas mehr Schärfe gewünscht, bin aber dennoch zufrieden mit der Lektüre, denn der Roman hält genau, was er verspricht und bietet sogar noch einiges darüber hinaus. Eine spannende Lektüre und ein Schluss, der überrascht und erfreut.
Martin Suters Roman »Elefant« ist im Januar 2017 für EUR 24,00 im Diogenes Verlag erschienen – gebunden, 352 Seiten, ISBN 978-3257069709.
Wer in den Roman reinlesen möchte, findet hier eine Leseprobe.
Über den Autor: Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, arbeitete bis 1991 als Werbetexter und Creative Director, bis er sich ausschließlich fürs Schreiben entschied. Seine Romane – zuletzt erschien »Elefant« – und »Business Class«-Geschichten sowie seine »Allmen«- Krimiserie sind auch international große Erfolge. Martin Suter lebt mit seiner Familie in Zürich.
Laila Mahfouz, 2. April 2017
Links:
Unsere Fotostrecke zur Lesung finden Sie hier. Die Rechte aller Fotos liegen bei Laila Mahfouz.
Informationen zu Martin Suter auf den Seiten des Diogenes Verlages finden Sie hier.
Weitere Informationen zu Martin Suter finden Sie hier.
Zufällig saß ich während der Lesung neben dem sympathischen Prof. Dr. Thomas Hildebrandt, der in seiner Funktion als internationaler Experte für die künstliche Befruchtung von Elefanten am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin zu vielen Fragen Martin Suters wertvolle Beratungshilfe leistete.
Informationen zu Laila Mahfouz finden Sie hier.