Premiere am 12. Januar 2017 im Theater Das Zimmer: Jan Holtappels bringt mit Friedrich Schillers »Maria Stuart« einen der bedeutendsten deutschen Klassiker auf die Bühne des kleinen Theaters. Mithilfe großartiger Darsteller, eines beeindruckenden Bühnenbildes und der speziellen Nähe im Zimmertheater ließ er ein Wunder geschehen, welches das Publikum zu Begeisterungsstürmen veranlasste.
Handlung: Im Jahre 1568 flieht Maria Stuart, Königin von Schottland, aus Frankreich, da sie der Beihilfe der Ermordung ihres Gatten bezichtigt wird. Bei Königin Elisabeth I. von England sucht sie Schutz, wird aber von dieser gefangen genommen und in einem Schloss eingesperrt. Elisabeth fürchtet um ihre Krone, da auch Maria Anspruch auf den Thron von England erheben kann.
Die Handlung des Stücks setzt 19 Jahre später ein. Elisabeth hat Maria Stuart all die Jahre in der Hoffnung gefangen gehalten, dass sie kein Urteil über sie fällen muss, da sie ahnt, dass dies ihr Verhängnis werden wird. Doch niemand findet sich, der Maria Stuart auf anderem Wege beseitigen würde. So steht nun endgültig die Verurteilung Maria Stuarts an, auf deren Vollstreckung der Großschatzmeister Burleigh heftig drängt. Die Königin von Schottland, die für ihre Schönheit weithin bekannt ist, hat viele Verehrer. Der junge Mortimer möchte die Gefangene gern befreien und auch Graf von Leicester, der Geliebte Elisabeth‘, der einst Maria den Hof machte, muss einsehen, dass er sie noch immer liebt. Mortimer nimmt zum Schein Elisabeth‘ Mordauftrag an und verbündet sich mit dem Grafen, der durch ein Treffen der Königinnen auf Aussöhnung hofft. Als die beiden Herrscherinnen aufeinander treffen, wird Maria von Elisabeth gedemütigt und beleidigt, so dass sie ihre guten Vorsätze zur Aussöhnung über Bord wirft und ihrerseits Elisabeth Scheinheiligkeit vorwirft, da sie sich als „jungfräuliche Königin“ bezeichnen lässt, obwohl ihre niedere Herkunft in ihrem Verhalten zum Ausdruck käme. So verhärtet der Versöhnungsversuch des Grafen die Fronten nochmals…
Auch Graf von Leicester (Lars Ceglecki) fällt Königin Elisabeth (Sandra Kiefer) in den Rücken.
Foto: Anders Balari
Im Jahre 1800 wurde Schillers politisches Drama am Weimarer Hoftheater uraufgeführt. Bis heute ist es erschreckend aktuell geblieben, denn Machtkämpfe, Intrigen und vor allem die Manipulation in einer von Männern dominierten Welt sind allerorts an der Tagesordnung. Schillers Kritik an Monarchie oder Diktatur kommt allein schon durch die Aussage zum Ausdruck, dass die Hand, die die Gesetze schuf, nicht Richter sein sollte. Doch obwohl Elisabeth diesen Schritt gern vermeiden möchte und eine – für ihr Image – elegantere Lösung bevorzugen würde, finden sich keine, die ihrem Wunsch entsprechend, Maria beseitigen würden.
Burleigh: »Die einen stummen Auftrag zu deuten wissen.«
Eileen Weidel schaffte gleich im ersten Akt eine ungeheure Bühnenpräsenz. Als Königin von Schottland ist sie wahrhaft ein Ereignis. Ihre zarte Gestalt wirkt in manchen Szenen wie ein tosender Orkan. Die leidenschaftliche Darstellung ihrer Maria Stuart ist an innerer Stärke stets allen anderen überlegen.
Jeder der fünf Schauspieler schuf unvergessliche Figuren, deren Emotionen in jedem Moment authentisch und glaubhaft wirkten. Vom ersten Augenblick an zogen die Darsteller ihr Publikum in ihren Bann, so dass man sich fragen musste, wie diese Intensität zu halten oder zu steigern wäre. Doch bis zur letzten Sekunde verfolgten alle hingerissen das in jeder Hinsicht überzeugende Spiel.
Sandra Kiefer als die unentschlossene Elisabeth I. ist kühl, berechnend, manipulativ, aber auch verletzlich, verzweifelt und den von Männern gemachten Zwängen ihrer Position überdrüssig. Sie spielt die vielen Facetten der Herrscherin stets souverän und sensibel.
Königin Elisabeth: »Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde!
Wie weit ist diese Königin gebracht,
die mit so stolzen Hoffnungen begann.«
Lars Ceglecki brilliert als Mann mit zwei Gesichtern, denn sein Graf von Leicester ist ein großer Manipulator, der viel zu spät seine Fehlentscheidungen einsieht. Diabolisch, zerrissen, doch machthungrig spielt er den Grafen und überzeugt einmal mehr.
Brian Sommer als Mortimer fasziniert in seiner jugendlichen Ungestümheit und Verletzlichkeit. Besonders hervorzuheben ist sein urgewaltiges körperliches Spiel. Andreas Püsts Baron von Burleigh wechselt zwischen strenger Bürokratie und Sadismus, gleich in seinem ersten Auftritt transportiert er eine unterschwellige, aber dennoch starke Bedrohlichkeit.
Das Bühnenbild von Nicole Bettinger, die dieses Mal auch für die Kostüme verantwortlich war, ist wieder einmal herausragend ausgefallen. Leider gab es in der Nacht vom 14. auf den 15. Januar einen Einbruch im Theater, wobei sowohl die Scheinwerfer, die Tonanlage als auch Requisiten und Kostüme der aktuellen „Maria Stuart“-Produktion gestohlen wurden. Die Polizei ermittelt, aber leider waren die Sachen nicht versichert. Das kleinste Theater der Stadt, das erst nach einer dreijährigen Frist Ende 2017 eine regelmäßige Kulturförderung der Stadt Hamburg beantragen kann, ist nun auf unsere Hilfe angewiesen. Bitte spenden auch Sie, damit das Programm ungehindert und in unveränderter Qualität weitergehen kann. Die Kontonummer für Geldspenden lautet: Theater das Zimmer, Haspa, IBAN DE59 2005 0550 1247 1280 67. Zeigen wir Solidarität mit den Kulturschaffenden und demonstrieren wir diesen skrupellosen Verbrechern, die von denen nehmen, die um den Erhalt ihrer kulturellen Existenz kämpfen müssen, dass wir alles tun, um solche Oasen wie das Theater Das Zimmer am Leben zu halten!
Königin Elisabeth: »O, der ist noch nicht König, der der Welt gefallen muss! Nur der ist’s, der bei seinem Tun nach keines Menschen Beifall braucht zu fragen.«
Fazit: An Beifall wurde nach dieser furiosen Premiere nicht gespart. Jan Holtappels und seine Mitstreiter haben sich die vielen Vorhänge redlich verdient. Diese Aufführung kann ich nicht hoch genug loben und hoffe, dass jede Vorstellung ausverkauft ist, noch weitere Termine gefunden werden müssen und niemandem an den richtigen Stellen diese hochwertige Produktion entgeht! Ab 20.01. sind bisher noch vier Vorstellungen geplant, also sichern Sie sich Ihre Karten und genießen Sie Schillers Klassiker auf Hamburgs kleinster und doch so großen Bühne.
Maria Stuart: Man löst sich nicht allmählich von dem Leben!
Mit einem Mal, schnell, augenblicklich muss der Tausch geschehen zwischen Zeitlichem und Ewigem.«
Maria Stuart an Robert Dudley, Graf von Leicester:
»Ein zärtlich liebend Herz habt Ihr verschmäht,
Verraten, um ein stolzes zu gewinnen:
Kniet zu den Füßen der Elisabeth!
Mög‘ Euer Lohn nicht Eure Strafe werden!«
Spiel: Eileen Weidel (Maria Stuart, Königin von Schottland)
Sandra Kiefer (Elisabeth, Königin von England)
Lars Ceglecki (Robert Dudley, Graf von Leicester)
Brian Sommer (Mortimer)
Andreas Püst (Wilhelm Cecil, Baron von Burleigh, Großschatzmeister)
Regie: Jan Holtappels
Bühne und Kostüme: Nicole Bettinger
Laila Mahfouz, 18. Januar 2017
Links:
Eine Fotostrecke von Anders Balari finden Sie hier.
Weitere Aufführungen und nähere Informationen finden Sie auf der Seite des Theaters „Das Zimmer“.
Das Theater „Das Zimmer“ auf Facebook.
Hier noch ein Trailer à la „Sendung mit der Maus“ zur Erklärung des Bühnenstoffs mit den Darstellern der aktuellen Produktion:
Mehr Informationen zu Friedrich Schillers klassischem Drama „Maria Stuart“ finden Sie hier.
Das gesamte Stück können Sie hier lesen.
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