Ein Besuch im Grugapark in Essen am 13. Mai 2015: Wenn es mich, aus welchen Gründen auch immer, in eine andere Region verschlägt, dann werde ich auch im eigenen Land zum Touristen. Was hat sie also zu bieten, die Stadt Essen? Nun, da wäre gleich mal der mit seinen 600.000 qm sicherlich zu den größten und attraktivsten Freizeitparks von Europa zählende Grugapark. Und der ist allein schon die Reise wert. Wer weiterliest, wird mir zustimmen.
Schon bei meinem ersten Besuch Anfang März diesen Jahres begrüßten mich gleich hinter dem Haupteingang im Wassergarten die Gänse. Der Park selbst lag allerdings noch fast im Winterschlaf und obwohl ich schon damals die Schönheit hinter so manchem kahlen Winkel vermutete, war ich jetzt doch sprachlos, welch üppige und vielfältige Naturwunder mich erwarteten.
Der Grugapark ging aus der Großen Ruhrländischen Gartenbauausstellung 1929 hervor und beinhaltet unter anderem einen Tierpark, ein Spiel- und Sportparadies, einen Gesundheits- und Kurbereich, Grillplätze, Restaurants, ein Open-Air-Museum, eine Konzertarena, aber vor allem einen Botanischen Garten mit echten Raritäten und Pflanzenschauhäusern. Der „Hortus botanicus assindiensis“, der 1927 als Lehr- und Versuchsgarten angelegt wurde, ist der älteste Teil des Parks und besitzt eine der größten Nadelgehölz-Sammlungen Europas. (Für uns Hamburger ist der Grugapark vergleichbar mit dem fast 100 Jahre älteren Park Planten un Blomen, welcher kleiner ist, sich aber direkt im Zentrum Hamburgs befindet und inzwischen komplett als Botanischer Garten angelegt ist.)
Gleich nach dem Wassergarten, auf deren Wiesen viele Gänse- und Entenfamilien zu beobachten sind, stößt man auf das Gradierwerk des Kurhauses. So etwas Feines hätten wir hier nicht vermutet. Die Gelegenheit, die wunderbar klare, frische Salzluft zu atmen, konnten mein Mann und ich uns nicht entgehen lassen. Es ist schon erstaunlich, wie kalt die Luft sofort wird, wenn man sich dem riesigen Schwarzdornreisighaufen nähert. Was für eine großartige und wohltuende Erfindung!
Natürlich waren die Kanadagänse, die seit den 1970er Jahren auch hierzulande brüten, nicht die einzigen Zugereisten. Im Grugapark stehen die Blauglockenbäume in voller Blüte. Dieser südlichere Gefilde bevorzugende Baum kann Dank des für Deutschland ungewöhnlich milden Klimas auch hier überleben. Was für eine Schönheit!
Noch vor der Brücke, die über das angelegte Feuchtbiotop führt, ist das Alpinum mit Wasserfall von Weitem zu sehen. Ein weiterer traumhafter Anblick ist das 2005 nach dem letzten Architekturentwurf des Künstlers Friedensreich Hundertwasser eröffnete Ronald McDonald Haus. Hundertwasser war der Überzeugung, dass Architektur für den Menschen da sein muss und nicht umgekehrt. Bei der McDonalds-Kinderhilfe finden nun Familien mit schwer kranken Kindern, die im Universitätsklinikum Essen behandelt werden, ein Zuhause auf Zeit. Das spannende Haus ist daher leider (aber verständlicherweise) nicht von innen zu besichtigen.
Während wir von der Brücke aus noch das Hundertwasser-Haus bewunderten, zuckelte die Grugabahn unter uns durch das Feuchtbiotop. Fünf Züge mit den lustigen Namen „Wachsames Hähnchen“, „Zornige Ameise“, „Heimliche Liebe“, „Schwarze Lene“ und „Fleißiges Lieschen“ befahren das 3,5 km lange Wegenetz durch den Grugapark und ermöglichen auch Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, diese Sehenswürdigkeit zu genießen. Um des anderen Blickwinkels Willen haben wir uns entschlossen, nächstes Mal eine solche Fahrt mitzumachen.
Wir durchstreiften den Staudengarten, die Pflanzenschauhäuser (Themenbereiche: Tropischer Regenwald, Sukkulentenhaus, Bergnebelwald, Bonsaigarten), den Mittelmeergarten, den Garten der Sinne, den Westfälischen Bauern- und Ökogarten, den Kräutergarten, den Rosengarten den Heide-, Koniferen- und Moorbereich (einschließlich schön angelegtem Waldsee) und das Rhododendrontal des Grugaparks und waren einfach begeistert von der Vielfalt, die hier gebündelt zu erleben und zu entdecken ist.
Die folgenden Impressionen geben einen guten Überblick der Pflanzenvielfalt im Frühling. Für eine größere Darstellung der Bilder, klicken Sie diese bitte an. Mehr Fotos finden Sie im Album auf Flickr.
Höhepunkt unseres Ausfluges war allerdings ein besonders ungewöhnlicher Gast. Wir konnten unseren Augen nicht trauen und glaubten beim ersten Anblick aus der Ferne, eine Statue vor uns zu haben, aber dann war es klar: ein Pelikan hatte sich den heimischen Wasservögeln angeschlossen.
Nach unserer ersten Begeisterung merkten wir, dass der Pelikan es auf die Küken des seltenen Trauerschwans abgesehen hatte. Vor Kurzem haben wir in einer Dokumentation über London gesehen, wie ein Pelikan aus Mangel an Fischen eine Taube verspeiste. Das war, aufgrund seines auf Fische ausgelegten Schnabels und Verdauungsapparates, ein wirklich schrecklicher Anblick. Zum Glück witterte der Schwanenvater die Gefahr und scheuchte den gierigen Gast ans andere Ende der Wiese, wo er schmollend auf seinen Partner wartete. Inzwischen wissen wir, dass die beiden zugereisten Pelikane schon seit längerer Zeit Gäste und Attraktion im Grugapark sind.
Aus gegebenem Anlass möchte ich darauf hinweisen, dass Pelikane nicht mit Brot o. ä. zu füttern sind. Sie können es nicht fressen und da sie nur hinunterwürgen (nicht picken oder kauen) können, könnten sie daran ersticken! Bitte füttern Sie nie nur zu Ihrer eigenen Unterhaltung Tiere, ohne sich über deren Nahrung und Lebensweise Gedanken gemacht oder Informationen eingeholt zu haben. Weißbrot ist im Übrigen schädlich für alle Tiere (wie auch für uns Menschen, wenn wir schon dabei sind). Auch wenn das Füttern der Tiere noch so viel Spaß macht, sollten Sie also davon absehen, wenn Sie keinem Tier Schaden zufügen wollen.
Fazit: Wir haben in all den Stunden nur die eine Hälfte des Grugaparks durchwandert. Der Spiel- und Sportbereich ist uns noch fremd und war für uns zweitrangig. Was wir gesehen haben, kann sich auf jeden Fall sehen lassen. Wenn Sie in der Nähe sind, sollten Sie sich einen Tag Zeit für Essen (das Essener Münster mit Kreuzgang und Domschatz ist sehr sehenswert) und den Grugapark nehmen – Sie werden es nicht bereuen! Ich hoffe, ich konnte Sie davon überzeugen, dass der Grugapark eine Reise wert ist und dass es sich lohnt, sich immer mit der Region, in der man sich befindet, auseinander zu setzen. Meistens entdeckt man dort mehr, als man erwartet hat.
Laila Mahfouz, 26. Mai 2015
Links:
Weitere Informationen zum Grugapark finden Sie hier.
Mehr Fotos finden Sie hier. Das Foto, das mich selbst zeigt, wurde von Anders Balari aufgenommen.
Hier geht es zur Website von Laila Mahfouz.