Thomas Bauer hat uns mit „Frankreich erfahren: Eine Umrundung per Postfahrrad“ einen wirklich außergewöhnlichen Reisebericht geschenkt. Mein Rat: zurücklehnen, die Sonne und den Duft Frankreichs genießen und sich mit Thomas Bauer auf eine mehr als ungewöhnliche Reise begeben.
Klappentext: Strampeln, wo andere Urlaub machen Baguette, Bordeaux und Baskenmütze: Kein Land der Welt ist derart mit Klischees besetzt wie Frankreich. Reisebuchautor Thomas Bauer hat die Grande Nation anders kennengelernt. Seine Reise ist ebenso spektakulär wie naheliegend, eine Tour de France der besonderen Art: Auf einem Postrad samt Anhänger ist er um Frankreich herumgefahren. An den Rändern des Hexagons hat er die Eigenheiten der Provence und des Elsass, die Wucht der Alpen und der Pyrenäen, die Vorzüge der Bretagne und der Atlantikküste besonders intensiv erfahren. Anhand seiner Begegnungen mit der französischen Lebensart beschreibt er ein eigensinniges und liebenswertes Land, das ihm seit jeher vertraut ist und ihn doch bei jedem Besuch von Neuem überrascht. Folgen Sie Thomas Bauer in das spannendste Land Europas!
Schon nach den ersten Zeile tritt eine schleichende Entschleunigung ein, die dem Lebensgefühl der Franzosen eigen ist und uns eilige Deutsche auf ganz wundersame Weise berührt und vor Genuß aufatmen lässt. Thomas Bauer nimmt uns an der Hand, teilt mit uns seine Reisepläne und Gedanken, lässt uns teilhaben an seinen Etappenzielen, Missgeschicken und Pannen, die sich zumeist in wunderbaren Begegnungen und Ereignissen auflösen und die eigentliche Geschichte erzählen. Was passiert wohl, wenn ein Campingplatz noch geschlossen ist oder man versehentlich in das größte Militärgebiet Südfrankreichs gerät, weil man so in den Zauber der Landschaft vertieft, alle Warnschilder übersehen hat? Wie bekommt man ein Bett für die Nacht, wenn alles aufgrund einer Taufenfeier geschlossen ist? Diese und weitere schwierige Situationen meistert Thomas Bauer mit Charme und Sprachwitz und gewinnt so immer wieder die Herzen der Franzosen, die in diesem Teutonen einen Geistesbruder entdecken.
Als würden beim Postrad fahren gerade seine Gedanken spazierengehen, erzählt Thomas Bauer bei jeder Station nicht nur, was er vor sich sieht, sondern auch weitere spannende Details über seine Etappenziele. Wir erfahren Geschichtliches, Literarisches und Gesellschaftskritisches. Ob der Gascognier D’Artagnon und seine Musketiere oder die heilige Bernadette von Lourdes, alles verfängt sich zwischen den Speichen seines Drahtesels und wird wie selbstverständlich in seinen Reisebericht eingeflochten. So kommt nie Langeweile auf und es ist fast so, als fahre der Leser selbst und als würden alle diese wundervollen Gedanken durch seinen eigenen Kopf purzeln.
Thomas Bauer zeigt in vielen kleinen Begebenheiten die Leichtigkeit der französischen Wesensart. Wenn er sich mit Ironie und Sprachwitz ein um das andere Mal aus heiklen Reisesituationen lotst, macht er dem Leser den ausgeprägten Spieltrieb der Franzosen, der sich nicht nur im Umgang mit ihrer Sprache zeigt, deutlich. Die hohe Wertschätzung der Sprache kommt dadurch ebenso zum Ausdruck wie die Lust am Spiel mit verschiedenen Handlungsoptionen. Verständlich ist daher, dass der Autor, der es versteht, sich wie ein Muttersprachler auszudrücken, es mit Leichtigkeit schafft, unsere westlichen Nachbarn um den kleinen Finger zu wickeln.
Ich hatte das Glück, eine der zum Buch produzierten CDs zu erhalten. Diese enthält nicht nur einige vom Autor eingelesene Kapitel des Buches, sondern außerdem ein paar sehr unterschiedliche und in jeder Hinsicht wunderschöne, französische Lieder, die der Autor selbst komponiert hat. (Ein kleiner Ausschnitt findet sich im oben verlinkten Buchtrailer von Anders Balari.) Thomas Bauers Band Mariposa (Schmetterling auf spanisch) aus München singt ihre Lieder auf Französisch, Englisch, Spanisch und Deutsch.
Im ersten Augenblick dachte ich noch: ‚Ein Reisebericht ohne Fotos kann doch nicht funktionieren!‘ Wie sehr irrte ich da doch. Die Modegraphikerin Johanna Meyer hat einige gute Illustrationen angefertigt, doch mehr als diese sind es die bildhafte Sprache und der fesselnde Schreibstil des Autors, die das Kopfkino in Gang setzen, so dass man nach der Lektüre glaubt, all das Geschilderte in bunten Bildern gesehen zu haben. Mit seiner Liebe zum Detail scheint Thomas Bauer wunderbar mit dem Drachenmond Verlag zu harmonieren, der mit „Frankreich erfahren: Eine Umrundung per Postfahrrad“ wieder einmal ein Buch mit besonders liebevoll ausgeführter Gestaltung herausgegeben hat.
Die Leser, die nicht wissen, ob Frankreich als Reiseziel für sie in Frage kommt, weil sie es mit dutzenden Klischees belegen, kann ich beruhigen: Frankreich ist sehr vielseitig und bietet eigentlich jedem etwas. Dürfen wir Thomas Bauer und dem Film „Willkommen bei den Sch’tis“ trauen, so sind die Vorurteile zwischen Nord- und Südfrankreich größer als die eines Deutschen gegenüber Frankreich. Dieses Buch zu lesen, hat mich Frankreich jedenfalls weit mehr angenähert als es ein Bildband hätte tun können. Lassen Sie sich auf diese Lektüre ein, ja, tauchen Sie ein in ein Frankreich, das Sie so noch nicht kannten!
Fazit: Ich bin restlos begeistert von dieser Art Reiselektüre, die so viel mehr ist als ein einfaches Aufzählen von Sehenswürdigkeiten. Dies ist eine persönliche Reise „Städte, Land und Leute“ einmal um ganz Frankreich herum. Es wird nicht die letzte Reise bleiben, die ich Seite an Seite mit Thomas Bauer unternehme. Das Vergnügen kostet übrigens nur EUR 14,90. Welches Last-Minute-Angebot kann da mithalten?
Vielen Dank für das vom Drachenmond Verlag zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.
Thomas Bauer „Frankreich erfahren: Eine Umrundung per Postfahrrad“, Taschenbuch, 288 Seiten, erschienen beim Drachenmond Verlag für EUR 14,90 unter ISBN 978-3931989736.
Thomas Bauer, 1976 in Stuttgart geboren, ist seit seiner Kindheit eng mit Frankreich verbunden. Er lebte ein Jahr in Paris, wanderte einen Monat lang auf Jakobswegen durch Südfrankreich und hat unseren westlichen Nachbarn über vierzig Mal besucht. Er ist Sänger und Gitarrist der französisch singenden Band mariposa. Inzwischen arbeitet er für das Goethe-Institut in München. Vor seiner Frankreichumrundung per Postrad fuhr er unter anderem mit einer Fahrradrikscha durch fünf asiatische Länder, folgte der Donau in einem Paddelboot zum Schwarzen Meer und streifte monatelang durch Südamerika. Seine Reisebücher erreichen mehrere Auflagen.
Laila Mahfouz, 7. Januar 2013
Links:
Homepage von Thomas Bauer
Informationen zu „Frankreich erfahren“ auf den Seiten des Drachenmond Verlags
Hier geht’s zu einer größeren Version des oben eingebundenen Trailers.
Informationen zu Laila Mahfouz