9. Mai 2012: Das einstige TV-Traumpaar Helmut Zierl und Saskia Valencia brilliert in „Gut gegen Nordwind“. Der Bestsellerroman von Daniel Glattauer wurde von Ulrike Zemme und ihm selbst zu einer gelungenen Bühnenfassung umgeschrieben, die dem Charme des Buches standzuhalten vermag.
Leo Leike (Helmut Zierl) und Emmi Rothner (Saskia Valencia) im Email-Duell. Photo: Anders Balari
Emmi Rothner (Saskia Valencia) möchte eine lästig gewordene Zeitschrift abbestellen, doch als sie der Email-Adresse versehentlich einen Buchstaben hinzufügt, landet ihre Email bei Leo Leike (Helmut Zierl). Schon bald wird aus dem schicksalhaften Versehen eine rege „Brieffreundschaft“ im Internet-Zeitalter.
Doch obwohl die beiden eigenwilligen Charaktere ihre virtuelle Bekanntschaft als glückliche Fügung empfinden, ist bis zum Ende nicht klar, ob ihre Spielchen um Freundschaft und Förmlichkeit, Nähe und Distanz Raum für eine wirkliche Beziehung lassen.
Daniel Glattauers Roman besteht ausschließlich aus Emails. Wie ist dieser Inhalt nun auf eine Bühne zu übertragen? Werden die beiden Darsteller vor ihre Laptops gesetzt, um vorzulesen, was sie einander schreiben? Durchaus nicht, denn das wäre ganz einfach viel zu statisch für so viel Gefühl. Regisseur Rüdiger Hentzschel ließ Saskia Valencia und Helmut Zierl die Emails sprechen und die Gefühle ausleben. So schien es wie ein stetiger Dialog zwischen zwei Menschen, die sich noch nie begegnet waren, zwei Fremden und doch so Vertrauten. Zwei Zimmer grenzten aneinander, die eigentlich Stadtteile entfernt waren und das Publikum wurde in den Sog der Gefühlswelten hineingezogen.
Nach dem Genuss von Alkohol gestehen Leo und Emmi einander mehr oder weniger ihre Gefühle.
Sie empfindet ihn als bestes Mittel gegen Nordwind und er will ihre Nähe, die ihm in seinem Leben fehlt.
Saskia Valencia und Helmut Zierl gelang es scheinbar mühelos, sich in Emmi und Leo hineinzufühlen. Trotz der Trennung der beiden Schauspieler Ende 2011 hielten sie an ihren Plänen für „Gut gegen Nordwind“ fest. Der freundschaftliche Umgang und die Vertrautheit der Darsteller wirkte sich sehr positiv auf die Glaubwürdigkeit des Stücks aus.
An den besonders traurigen Stellen war der Schmerz echt und spürbar. Ich konnte ihn ebenso fühlen und mitempfinden wie die heitere Euphorie anderer Szenen. Besonders getroffen hat mich der Moment, da Leo einen alles entscheidenden Brief erhält. Die ganze Tragweite dieser Nachricht ist in Helmut Zierls Gesicht und Haltung wie auch in Saskia Valencias anschließender Verzweiflung über die unerklärliche Veränderung Leos abzulesen. Der Wunsch, Emmi und Leo zu schütteln und zu ihrem Glück zu zwingen, wurde in mir ebenso groß, wie der, die beiden verletzbaren und liebenswerten Menschen zu umarmen. Helmut Zierl verkörperte Leo Leike wunderbar in seiner Unentschlossenheit, Unsicherheit und Sehnsucht und Saskia Valencia war eine überzeugende Emmi Rothner: wild, sanft, flippig, ernst, überschäumend doch auch still und verzweifelt. Ich habe das Wechselbad der Gefühle einerseits genossen und andererseits mit den beiden gelitten.
Im Anschluss an die Photoprobe des gefühlvollen Bühnenstücks standen Saskia Valencia und Helmut Zierl für Photos und Gespräche zur Verfügung. Herzlichen Dank an das Winterhuder Fährhaus für die freundliche Einladung zur Probe und an die beiden sympathischen und talentierten Darsteller, denen ich alles nur erdenklich Gute für das Stück sowie für ihre Zukunft wünsche.
Fazit: „Gut gegen Nordwind“ ist eine Empfehlung, denn ob Sie das Buch gelesen haben oder nicht, die Email-Liebelei von Emmi und Leo berührt, hinterlässt klopfende Herzen und den Wunsch nach einer Fortsetzung (die es in Buchform unter dem Titel „Alle sieben Wellen“ bereits gibt). Allen, die das Glück haben, sich die reguläre Veranstaltung ansehen zu können, wünsche ich an dieser Stelle schon viel Spaß! Im Winterhuder Fährhaus ist „Gut gegen Nordwind“ noch bis einschließlich 8. Juli 2012 zu erleben.
Laila Mahfouz, 10. Mai 2012
Links:
„Gut gegen Nordwind“ im Winterhuder Fährhaus
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