Die Premiere der Komödie „Das kleine Teehaus“ von John Patrick im kleinen Hoftheater in Hamburg wusste in allen Belangen zu überzeugen. Eine starke Inszenierung, die sehr gut unterhält und zugleich auf gelungene Weise die kritischen Zwischentöne des Stückes beleuchtet – und somit eine uneingeschränkte Empfehlung.
Einmal mehr zeigte sich am Abend des 26. August 2011, wie lohnend es sein kann, auch kleinere Hamburger Bühnen auf dem Zettel zu haben. John Patrick schrieb die von 1953 bis 1956 erfolgreich am Broadway aufgeführte Komödie „Das kleine Teehaus“, basierend auf dem Roman „Die Geishas des Captain Fisby“ von Vern Snyder, der auch das Drehbuch für die 1956 unter anderem mit Marlon Brando als Sakini produzierte Verfilmung schrieb. Claudia Isbarn inszenierte das Stück nun für das kleine Hoftheater in Hamburg – und schaffte es mit ihren Darstellern, das für amerikanische Komödien der Nachkriegszeit typische Flair auf erfrischende Weise in das Jahr 2011 zu transportieren sowie insbesondere auch die feinsinnig in das Stück verwobene Kritik an der damaligen Besatzungspolitik der USA auf für Menschen des 21. Jahrhunderts gut nachvollziehbare Weise zu pointieren.
Sehr überzeugend waren die Leistungen der Schauspieler. Lars Ceglecki schaffte es vom ersten Augenblick an, mit dem von ihm dargestellten Sakini, einem japanischen Zivilangestellten der US Army, das Publikum zu packen und bis zum Ende nicht mehr loszulassen. Sakini ist ein „Narr“, der zugleich aber auf sehr geschickte Art und Weise sowie mit großer Bestimmtheit alle Fäden in seinen Händen hält, ohne dass die formal Bestimmenden dessen gewahr sind – durchaus üblich auch abseits der Bühne, wie der geübte Beobachter des menschlichen Tuns weiß. Dies forderte Lars Ceglicki ab, neben der Narretei auf subtile Weise eben diese Bestimmtheit und Dominanz auszustrahlen, was ihm hervorragend gelang, sowohl verbal als auch insbesondere durch seine Körpersprache und seine Mimik. Dieses Wechselspiel sei am Beispiel seines Ausdrucks in den beiden Fotos unten demonstriert, wobei Momente der Dominanz häufiger waren als man mit freiem Auge bewusst wahrnehmen konnte, weil sie jeweils nur kurz aufblitzten, genau so, wie es die Rolle verlangt.
Lars Ceglicki als Sakini, hier der stark vordergründige närrische Aspekt. Foto: Anders Balari.
Seine letztliche Dominanz ist hier klar aus seinem Ausdruck ablesbar. Foto: Anders Balari
Ähnliches gilt für das differenzierte Spiel von Jens Raygrotzki, der in der Rolle des Captain Fisby auch zwei Gesichter zu zeigen hatte, hier allerdings mit einem bewusst sehr offensichtlichen Unterschied. Einerseits den, vielleicht durch mehrere Versetzungen, stark verunsicherten Offizier der US Army, leicht neben der Spur wirkend, dümmlich, harmlos und schwächlich. Andererseits einen Mann, der schon bald Charakterfestigkeit, Courage und hohes Selbstbewusstsein ausstrahlt. Dies machte Jens Raygrotzki derart überzeugend, dass er zu Beginn des Stücks ob seiner Darstellung des dann noch verunsicherten Fisby auf einen mit dem Stück und Raygrotzkis schauspielerischen Fähigkeiten nicht vertrauten Zuseher gar wie ein grottenschlechter Schauspieler wirken musste – ein Irrtum, der sich bereits einen Aufzug später klar als solcher herausstellte. In Summe eine außerordentlich starke Interpretation des Captain Fisby. Auch hier wieder einige visuelle Eindrücke zur Untermauerung.
Der von Jens Raygrotzki dargestellte Fisby wird allmählich entspannter. Foto: Anders Balari.
Captain Fisby und sein kürzlich entdecktes Selbstbewusstsein. Foto: Anders Balari.
Rechts Fisby, das nun wieder unsichere Mauerblümchen - eingeschüchtert von Oberst Purdy. Foto: Anders Balari.
Schließlich gilt es noch, die großartige Leistung von Norman Deppe als Oberst Purdy hervorzuheben. Stramm gestanden, Kinn vorne, energiegeladen bis in die Stiefelspitzen, mit stolz erhobenem Haupte – eine bessere Karikatur eines selbstgefälligen Armeeoffiziers kann man sich kaum vorstellen. Zugleich war aber auch das notwendige bedrohliche Element immer dann präsent, wenn es von Nöten war – sehr gut zum Ausdruck gebracht insbesondere durch das stark körperbetonte Spiel Deppes, denn das Poltern alleine wäre für einen praktisch stets polternden und lauten US Offizier in diesen Momenten nicht ausreichend gewesen. Die Leistung der übrigen Darsteller rangierte von solide bis sehr gut.
Norman Deppe als Oberst Purdy. Das Bild spricht für sich. Foto: Anders Balari.
Oberst Purdy, stilecht zur Dominanz aufgepflanzt. Foto: Anders Balari.
Zusammenfassend eine rundum gelungene Premiere im ausverkauften kleinen Hoftheater. Die Inszenierung von Claudia Isbarn ist sehr empfehlenswert. Freunde der gediegenen, feinsinnigen Komödie kommen voll auf ihre Kosten und erleben einen erinnerungswürdigen, unterhaltsamen Abend. Gemessen an den Ovationen am Ende teilte ganz offenkundlich auch das Premierenpublikum diese Meinung. Zu sehen ist die Inszenierung noch bis 25. September im kleinen Hoftheater in Hamburg Horn, siehe dazu den Link unten.
Anders Balari, 28. August 2011
Die Darsteller und Regisseurin Claudia Isbarn (5. von re) baden erfreut im hochverdienten Schlussapplaus. Foto: Laila Mahfouz.
Links:
Über Film und Stück
http://de.wikipedia.org/wiki/Das_kleine_Teehaus
Homepage des Hoftheaters
http://www.hoftheater.de/
Homepage von Anders Balari
http://www.431verstaerker.de
Fotostrecke:
Purdy und Fisby beim "mission briefing". Foto: Anders Balari
Die bezaubernde Geisha Lotusblüte (Claudia Bahr). Foto: Anders Balari.
Sakini mit der schelmischen Miss Higa Jiga (Ines Hubert) und Mrs. Rani (Konni Fischer). Foto: Anders Balari.
Dr. McLean (Guido Bayer) sucht und findet rasch. Foto: Anders Balari.
Und auch McLean.... Foto: Laila Mahfouz.
Das kleine Teehaus ist fertig, und es.... Foto: Anders Balari.
...wird gefeiert. Foto: Anders Balari
Sergeant Aldrich (Jan Holtappels) kam dem Brandy zu nahe, ... Foto: Anders Balari
...hat 'ein wenig' Schlagseite und... Foto: Anders Balari.
...und bringt sogar Purdy zum kurzzeitigen Rückzug. Foto: Laila Mahfouz.
Sakini erstaunt seine Püppchen. Foto: Laila Mahfouz.