Die Software „Obsidian“ eignet sich hervorragend für einen digitalen Zettelkasten. Besonders die automatische Erstellung eines mächtigen Graphen bietet Möglichkeiten, die ein papierhafter Zettelkasten nicht bieten kann. Zusätzlich hilfreich finde ich das Plugin für ein automatisches Changelog, bei mir so eingestellt, dass es jeweils die letzten 100 bearbeiteten Elemente enthält – nach jeder Arbeitssitzung erstelle für diese Sitzung manuell eine Journal-Datei und kopiere die entsprechenden Eintragungen aus dem automatischen Change Log dort hin. Beides erhöht für mich den Nutzen des Graphen noch zusätzlich.
Mein System ist insgesamt nach wie vor dual: digital und papierhaft, mit strukturierter Synchronisierung.
Das kostet zwar mehr Zeit, was sich aber in einen Vorteil ummünzen lässt: Wenn ich einen Zettel papierhaft anlege, durchläuft der Inhalt bereits mindestens die zweite kritische Würdigung, was später dann Zeit beim Lektorat sparen wird.
Denn zuerst ist es immer nur eine temporäre Notiz in meinem Bullet Journal, danach wird es, mit einigem Zeitabstand sowie falls hinreichend wertvoll, zu einem digitalen Zettel in Obsidian, dabei findet die erste kritische Würdigung und ggf. Überarbeitung statt.
Und erst danach wird es, wieder mit einigem Zeitabstand, zu einem papierhaften Zettel, dabei eine zweite kritische Würdigung sowie ggf. Überarbeitung durchlaufend.
Die Synchronisierung wird auf einfache und effiziente Weise mithilfe von DEVONthink Pro gesteuert. Diese Steuerung verursacht so gut wie keinen Zusatzaufwand und ich kann auch die K.I. von DEVONthink Pro nutzen, um Anregungen für Assoziationen zu erhalten.
Wie von alleine wachsen dabei die Texte, die ich schreibe, aber auf eine für mich teilweise immer noch ungewohnte Art: Habe ich davor „klassisch“ an meinem Buch gearbeitet, arbeite ich jetzt im Moment praktisch nur noch mit dem Zettelkasten und die dabei entstehenden Texte sind nicht so einfach in ihrer Gesamtheit zu erkennen wie in dem Dokument der Textverarbeitungssoftware, das ich davor verwendet habe (und wieder verwenden werde, sobald aus dem Zettelkasten heraus quasi als „Download in sehr reifem Zustand“ der Text dann geschrieben werden wird).
Wie von alleine geschieht es auch, dass ich nicht an nur einem Text arbeite, sondern an mehreren parallel, anders geht das meines Erachtens auch gar nicht, wenn man den Assoziationen und der Serendipität jenen Raum lässt, dessen Existenz und Nutzung einer der Hauptgründe für die Arbeit mit einem Zettelkasten ist. Dabei kann ich schon jetzt bestätigen, was Niklas Luhmann berichtete:
- Ich arbeite jeweils nur an dem, was mir sehr leicht fällt, ganz automatisch, fällt etwas in einer Sitzung schwer, gehe ich sofort weiter zu anderen Inhalten
- Mein Zettelkasten ist bereits jetzt ein erstaunlicher Kommunikationspartner, gleichsam eine mir in dieser Form davor nicht bekannte, ja nicht einmal vorstellbare Sammlung früherer Versionen von mir selbst und meines Denkens, die verdichtet, gleichsam außerhalb von mir sowie mit mir neuronal vernetzt und ohne die Unzuverlässigkeit der menschlichen Erinnerungsfunktion zugänglich ist.
Auch hat der Zettelkasten als Kommunikationspartner eine Art Eigenleben, das ich momentan noch nicht gut beschreiben, aber deutlich wahrnehmen kann.
Mr. Spock würde sagen: faszinierend! Ich schließe mich an.
Für einen Einstieg in das Thema „Zettelkasten-Methode“ gut geeignet: