7. November 2018: Mit der Daueraustellung Dalí am Potsdamer Platz und der geführten Besichtigung des Bilderkellers in der Akademie der Künste in Berlin verbrachte ich einen Tag voll Kunstgenuss in Berlin. Die unbedingt sehenswerte Ausstellung mit über 450 originalen Exponaten Salvador Dalís war ein Hochgenuss besonderer Art. Wer die „begrabenen“ Bilder im Keller der Akademie der Künste noch sehen will, muss sich beeilen, denn dies ist nur noch bis 19.12. jeweils mittwochs und nach Anmeldung möglich.
»Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz«
Bereits seit dem 5. Februar 2009 ist die Dauerausstellung »Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz« zu sehen und wurde rasch zu einem Kulturhighlight unserer Hauptstadt. Salvador Dalí war ein faszinierender Künstler, der sich immer wieder neu erfand, wie die umfangreiche Ausstellung mit über 450 Exponaten aus einem Pool von ca. 3.000 wechselnden Werken beweist.
Wem bisher allein Dalís Ölgemälde bekannt waren, wird über die Fülle an Techniken überrascht sein, die hier präsentiert werden. Erstmals wird das vielschichtige Werk Salvador Dalís einem breiten Publikum in Deutschland in einer musealen Dauerausstellung vorgestellt.
Zur Verfügung gestellt wurden die Kunstwerke durch private Sammlungen weltweit. Unter der Leitung des Kurators Carsten Kollmeier ermöglichen sie die wohl umfangreichste Ausstellung dieser Art. Die Beliebtheit des Museums, die sich in den Besucherzahlen niederschlägt, ist der Lohn für Kollmeiers Mühe und seinen Mut, dieses Wagnis einzugehen, denn es handelt sich bei »Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz« um das erste privatwirtschaftliche Kunstmuseum in Deutschland, das gänzlich ohne öffentliche Fördermittel existiert.
Mit den Worten »Come into my brain« lud der Meister des Surrealen einst die Betrachter seiner Werke ein und tatsächlich gelingt es immer wieder, in seine faszinierende Innenwelt abzutauchen und sich von ihr begeistern zu lassen.
Wie experimentierfreudig Dalí war, zeigt sich in den Ausstellungsstücken aus diversen verschiedenen Kunstformen. Gezeigt werden Radierungen, Xylographien, Lithographien, Farbheliogravüren, Skulpturen, Fotografien, gestaltete Münzen, dreidimensionale Installationen, aber auch Arbeitsmappen, illustrierte Bücher und vieles mehr. Einen Auszug aus der Exponate finden Sie hier.
In den gezeigten Arbeiten fehlen auch nicht die aus Dalís Ölgemälden vertrauten Symbole wie Ameisen, Esel, Fliegen, Hummer, Krücken oder Schubladen. Wer sich den mit EUR 29,50 eher preisintensiven Katalog zur Ausstellung nicht leisten kann oder will, sollte sich unbedingt den Kurzführer im A6-Format gönnen, in dem neben der Biographie Dalís auch die Exponate und deren Symbolik in Kurzfassung erklärt werden. Für EUR 3,00 erhalten Sie an der Kasse außerdem den Multimedia-Guide, der allerdings ein eigenes Smartphone erfordert.
Besonders begeistert haben mich folgende Bilder-Zyklen:
– »Alice im Wunderland« / »Alice in Wonderland« (1 Radierung und 12 Heliogravüren mit Holzschnitten als Remarque) erschien 1969 in einer bibliophilen Buchausgabe von Lewis Carrolls Klassiker. Zum 150. Jubiläum der Erstausgabe des Buches erschien 2015 eine erschwingliche Ausgabe bei Princeton University Press, die ebenfalls die wunderschönen Bilder Dalís enthält und hier ausführlich vorgestellt wird.
– »Faust, Walpurgisnacht« (21 Kaltnadelradierungen mit Roulette), diese Illustration Dalís aus den Jahren 1968/69 beziehen sich auf die französische Übersetzung von Goethes jüngerem Zeitgenossen Gérard de Nerval (1808 – 1855).
– »Casanovas Erinnerungen« / »Dalí illustre Casanova« (14 Farbheliogravüren), mit diesen Illustrationen interpretierte Dalí 1967 Casanovas Erinnerungen auf ganz eigene Weise.
– »Don Quichotte de la Mancha« (12 Lithographien + 1 Zusatzblatt), Miguel de Cervantes‚ Meisterwerk aus dem 16. Jahrhundert wurde von Dalí, beauftragt von dem Verleger Joseph Forêt, für eine Luxusausgabe des Buches illustriert. Dalí revolutionierte die Lithographie, da er ganz neue Methoden anwandte, die zu einer explosiven Bildsprache führten.
– »Tristan und Isolde« (21 Farbkaltnadelradierungen), 1970 inspirierte Dalí die mittelalterliche Liebesgeschichte um Tristan und Isolde, die tragisch endet.
– »Pantagruels drollige Träume« / »Gargantua et Pantagruel« (25 Lithographien), 1973 war es der im 16. Jahrhundert veröffentlichte, fantasievolle Romanzyklus des französischen Benediktinermönchs François Rabelais der Dalí zu seiner Serie anregte.
– Außerdem natürlich das Mammutwerk »Die Göttliche Komödie« / »Divina Commedia« (101 Xylographien), das 1960 im Auftrag der italienischen Regierung zu Ehren Dantes entstand. Hierbei handelt es sich um die umfangreichste Buchillustration Dalís, die 100 Einzelblätter und ein Zusatzblatt umfasst. Das Werk Dante Alighieris aus dem beginnenden 14. Jahrhundert gilt als Gipfel der abendländischen Literatur. 1965 zum 700. Geburtstag Dantes sollten Dalís Werke veröffentlicht werden, doch dass ein Spanier den italienischen Meister illustrieren sollte, löste einen Skandal aus, so dass der Auftrag zurückgezogen wurde. Dalí verkaufte den Zyklus daher an seinen Freund und Verleger Joseph Forêt, der ihn 1960 in Frankreich publizierte.
Außerdem wartet das Museum mit einer exquisiten Auswahl von Dalís Skulpturen auf. Zu sehen sind u. a. das »Rhinozeros mit goldenem Seeigel« (1985), das »Mannequin Zootropique« (1971), der »Minotaurus« (1988), »Lilith« (1973), »Der Surrealistische Engel« (1984), »Der Kubistische Engel« (1986) sowie die wohl bekannteste Skulptur Dalís »Venus mit Schubladen«.
»Der einzige Unterschied zwischen mir und einem Verrückten ist, ich bin nicht verrückt.«
Salvador Dalí
Das selbsternannte und wirkliche Genie Dalí war auch als Schriftsteller tätig. Neben mehr als 200 eigenen literarischen Werken wie Gedichten, kunst- und kulturkritischen Texten, Drehbüchern und Romanen verfasste er im Alter von 37 Jahren seine erste Autobiographie.
Die Ausstellung umfasst daher auch ausgewählte Publikationen des Exzentrikers.
Das Medium Film hatte es Salvador Dalí zeitlebens angetan und so widmet sich die Ausstellung auch diesem Bereich seines Schaffens. In einer Kinoecke sind Filme wie der erste surrealistische Film der Filmgeschichte »Ein andalusischer Hund« / »Un chien Andalu« (1929, Frankreich) von Luis Buñuel und Salvador Dalí zu sehen, der ziemlich verstörend wirkt. Zarte Gemüter sollten von der Betrachtung daher absehen.
Für Alfred Hitchcocks Film »Ich kämpfe um dich« (Originaltitel: »Spellbound«, 1945, USA) entwarf Dalí Traumsequenzen, die als Ausschnitte ebenfalls gezeigt werden. Den Film können Sie hier im Original anschauen. Bei Minute 1:26:50 beginnt die große von Dalí bearbeitete Traumsequenz des Films.
»Ein andalusischer Hund«, neu vertont vom International Jazz Trio (Leipzig):
Besonders schön ist der Animationsfilm »Destino« (1946, USA), der in Zusammenarbeit mit Walt Disney begonnen wurde, mit dem Dalí eine lebenslange Freundschaft verband. Erst 56 Jahre später wurde das unvollendete Werk wiederentdeckt und, beauftragt von Roy E. Disney (Walt Disneys Neffen), unter der Regie von Dominique Monféry fertiggestellt. Etwa zwanzig Prozent des Films wurden nun am Computer animiert. Die Uraufführung fand im Juni 2003 statt.
Der siebenminütige Kurzfilm basiert auf fünfzehn surrealistischen Original-Gemälden Dalís und auf dem Storyboard, das der legendäre Disney-Zeichner John Hench in Zusammenarbeit mit Dalí erstellte. Die Handlung rankt sich um eine Liebesgeschichte zwischen einer Frau und Kronos. Die Handlung wird vom Lied »Destino«, gesungen von Dora Luz und geschrieben von Armando Dominguez (Musik) und Ray Gilbert (Text), unterlegt. Zum Entwurf des in seiner Handlung teilweise sehr verschlüsselten Films soll Dalí gesagt haben: »Wenn du das verstehst, habe ich versagt.«
David A. Bosserts Buch »Dali & Disney: Destino: The Story, Artwork, and Friendship Behind the Legendary Film« (ISBN-Nr. 978-1484707135) beleuchtet die Geschichte hinter dem Film. Außerdem beinhaltet es alle 150 Werke, von Dalí und Hench, die für den Film erstellt wurden. Hier hält der Autor eine Vorlesung zu dem Thema.
Zweifellos war Salvador Dalí einer der genialsten Künstler der Moderne. Daher wird in der Ausstellung auch Dalí selbst, als bedeutende Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts, beleuchtet. Die Biographie dieses Genies wird in Auszügen präsentiert, denn der Künstler inszenierte sich selbst ebenso wie seine Kunst. In der Serie »Nach 50 Jahren Surrealismus« illustrierte er sein eigenes Leben zum Anlass der Eröffnung seines Museums in Figueras. In zwölf Werken, die Bestandteil von »Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz« sind und die Dalí selbst als wichtigste Stationen seines Lebens ansah, erzählte er selbst sein Leben und mit ihnen endet der spannende Rundgang durch das Museum.
Die Ausstellung ist täglich von 12 – 20 Uhr geöffnet (in den Sommermonaten schon ab 10 Uhr). Allein am 24. Dezember muss auf den Kunstgenuss verzichtet werden. Mit EUR 12,50 ist der Eintritt relativ hoch, aber hier sollte nochmals in Erinnerung gerufen werden, dass das Museum ohne staatliche Förderung auskommt.
Am Ende bietet der Museumsshop dem, der es sich leisten kann, so manch surrealen Schatz. Es gibt zerflossene Uhren fürs Bücherregal oder als Radiergummi, Beutel, Shirts, Seidentücher und sogar Notebook-Taschen mit verschiedenen Motiven, Kunstdrucke und Lithographien sowie Fotografien. Sogar eine Original Bronzeskulptur »Der Kubistische Engel« können Sie exklusiv hier für EUR 12.400,00 erwerben. Aber auch kleine Artikel wie Lesezeichen, Postkarten, Kühlschrankmagnete, Münzen und Anstecknadeln sind ganz unterschiedliche im Angebot. Über den Ausnahmekünstler findet sich außerdem diverse Literatur im Shop. Also im Grunde gibt es fast alles, was das Sammler-Herz begehrt. Ich selbst musste diesen Button einfach mitnehmen.
Fazit: Der Besuch der Ausstellung war ein ganz besonderer Genuss und auf jeden Fall eine Reise wert. Der Aufbau der Ausstellung und die Wahl der Exponate war sehr gelungen. Auch wenn Dalís Ölgemälde ein wenig fehlten, gab es unendlich viel zu entdecken. Dalís Schaffen fasziniert und begeistert Menschen seit Jahrzehnten und die Symbolik seiner Werke dringt tief in die Seele des Betrachters und lässt lange nicht mehr los. Salvador Dalí war ein Multitalent, an dessen genialen Werken ich mich niemals werde sattsehen können. Die Ausstellung kann ich nur wärmstens empfehlen und würde sie in einiger Zeit nochmals besuchen, da die Ausstellungsstücke ja auch wechseln.
Salvador Dalí (1904–1989):
Dalí war ein spanischer Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner. Als Maler war er der wichtigste Vertreter des Surrealismus und zählt zu den bekanntesten Malern des 20. Jahrhunderts. Seine Gemälde beschäftigen sich mit der Welt des Unbewussten, des Traums. Seine Motive fand er auch in den Themen Rausch, Fieber und Religion. Schmelzende Uhren, brennende Giraffen und vieles mehr sind wiederkehrende Elemente in seinen Bildern. Oft ist seine Frau Gala auf seinen Bildern dargestellt. Aufgrund seines auch technisch meisterlichen Könnens war er in der Lage, seine Bilder im Stil der Alten Meister zu malen. Sie können praktisch als Vorläufer des Fotorealismus gesehen werden. Als Exzentriker bekannt, polarisiert Dalí bis heute.
»Bilderkeller« in der Akademie der Künste Berlin
Nach beinahe dreissig Jahren öffnete die Akademie der Künste am 29. September 2018 ihren sogenannten Bilderkeller für die Öffentlichkeit. Unter dem Kohlenstaub haben sich die Wandbilder im ehemaligen Kohlenkeller des Akademie-Gebäudes am Pariser Platz sehr gut und farbklar erhalten. 1989 waren sie nach ihrer Entdeckung erstmals fotografiert, publiziert und seitdem behutsam konserviert worden. Für fast drei Monate sind die prächtigen Wandmalereien nun zu besichtigen.
Bemalt wurde der gesamte Kohlenkeller der Akademie 1957 und 1958 während zwei wilden und bald schon legendären Faschingsfeiern von Manfred Böttcher, Harald Metzkes, Ernst Schroeder und Horst Zickelbein – alle ehemalige Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste. Die Tradition der Meisterschülerausbildung war in der Nachfolge der Preußischen Akademie der Künste, die 1907 noch als Königliche, später Preußische Akademie das Gebäude am Brandenburger Tor bezog, in der DDR weitergeführt worden. Sie bot jungen Künstlern die Möglichkeit, für zwei Jahre ziemlich unabhängig in den Ateliers am Pariser Platz 4 arbeiten zu können.
Im Vordergrund Wandbild von Harald Metzkes und Manfred Böttcher
© VG Bild-Kunst, Bonn 2018
Foto: Andreas FranzXaver Süß
Die Faschingsfeiern boten den jungen Künstlern den lang ersehnten Freiraum, um sich entfalten und ihrer Experimentierfreude freien Lauf zu lassen. So arbeiteten sie in verschiedenen Stilen, ließen die Bilder aufeinander reagieren und tobten sich im Kellergewölbe richtig mit Werken aus, die zu ihrer Zeit in keiner Ausstellung hätten gezeigt werden dürfen. Harald Metzkes beschrieb in einem Interview wie schön es gewesen sei, »mal nicht die Verantwortung zu fühlen, wie man sie hat, wenn man auf eine Leinwand malt.«
Während die Gemälde der ersten Faschingsfeier noch ohne Thema entstanden, einigte man sich im Jahr 1958 auf den Vorschlag Werner Stötzers, die Bilder motivisch auf die Ballade »Der Wilddieb«, einem Volks- und Jagdlied aus der Zeit der Weimarer Republik, auszurichten. Das inzwischen restaurierte Wandbild von Ernst Schroeder zeigt ein Wohnzimmer mit einem kleinen Tischchen, eine Petroleumlampe, ein Porzellanhündchen, einen riesigen Hund und über allem das Geweih eines kapitalen Hirsches. Auch in anderen Bildern der Künstler taucht das Jagdmotiv immer wieder auf, wobei durchaus auch ein kritischer Blick darauf geworfen wurde.
Mit dem Abriss von Teilen der ehemaligen Akademie-Heizungskeller nach 2000 für einen Neubau an der Behrenstraße wurden leider bereits Kellerbilder abgetragen und restauriert. So ist das gesamte Bilderkellerensemble leider nicht mehr zu besichtigen. Unverständlicherweise hängen zwei restaurierte Wandbilder in einem privaten Club an der Behrenstraße, doch zum Glück befindet sich das ebenfalls restaurierte Wandbild »Gastmahl der Wilddiebe« von Harald Metzkes seit 2005 in der Passage des Akademie-Gebäudes (Durchgang zur Behrenstraße). Das Prunktstück der Sammlung zeigt ein Festmahl: Herren mit großen schwarzen Hüten und Anzügen sitzen um eine große Tischplatte, auf der ein Wildschweinkopf liegt. Über ihnen ist das überdimensionale Gesicht einer Frauenfigur zu sehen, die in ihrer Haltung an Arbeiten Picassos erinnert. Gemeinsam mit den über allem schwebenden Figuren verleiht sie dem Gemälde surrealistische Züge.
»Gastmahl der Wilddiebe«, Wandbild von Harald Metzkes © VG Bild-Kunst, Bonn 2018 Foto: Andreas FranzXaver Süß
Mit etwas Geschichtsbewusstsein lässt sich das Konfliktpotential der Bilder, die als Zeugnisse einer jungen Opposition in der Ostberliner Malerei gelten, noch erahnen, denn den um 1930 geborenen Künstlern ging es um einen anderen als den von Staatsseite geforderten Realismus. Die offizielle Kunstkritik aburteilte ihre „Schwarzen Bilder“, die wesentlichen Anteil an der Ausbildung der sogenannten Berliner Schule hatten, als unzeitgemäß, ja als fortschrittsfeindlich, depressiv und dekadent. In einem Interview sprach Matthias Flügge vom »künstlerischen Überlebenswillen in schwierigen Zeiten«. Fritz Cremer verteidigte damals die neue Maler-Generation. Er war überzeugt davon, die DDR hätte genug Musterknaben und wohlgefällig angepasste Künstler und bräuchte als Gegengewicht gerade die »sogenannten schwierigen jungen Künstler«.
Auf eine Reaktion musste nicht lange gewartet werden, denn 1961 hieß es dann: »die vertoteten Landschaften von Schroeder, das verkümmerte Buffetfräulein von Böttcher und die chinesischen Trauma von Metzkes verdeutlichen die Anklänge […] an den Existenzialismus, zu dessen Pessimismus in Fragen des Daseins man sich scheinbar hingezogen fühlt. Die gleichsam aus der Konserve geschaffenen Werke, das Depressive ihrer menschlichen Entleerung, verdeutlicht das Abseitige ihrer künstlerischen Position, in die sie während ihres Aufenthaltes an der Akademie geraten sind.«
Solche Angriffe schweißten die Künstler allerdings nur noch enger zusammen. »Da war eine Einigkeit in der Auffassung«, sagte Harald Metzkes im Interview.
Der inzwischen leider verstorbene Maler Manfred Böttcher überrascht mit seinen Bildern besonders. Seine weißen Strichmännchen auf schwarzem Grund und schwarzen Strichmännchen auf hellem Grund, die noch auf eine gründliche Restauration warten, sind in ihrer Abkehr von den in der DDR geforderten Kunstkriterien wohl am radikalsten. Wie in eine andere Welt eingetaucht, steht der Betrachter vor diesen Wänden mit ihren in ihrer Groteske faszinierenden Figuren, die Spontanität und Reflextion gleichermaßen spüren lassen.
Beeindruckt hat mich außerdem der Milchwald, ein Teil des Kellers, der mit weißen Bäumen von Werner Stötzer bemalt wurde, der sich wiederum von Dylan Thomas‚ 1953 uraufgeführtem Hörspiel »Unter dem Milchwald« inspirieren ließ.
In der Halle der Akademie werden zur Ausstellung noch Interviewfilme mit Harald Metzkes, Werner Stötzer, Jürgen Böttcher, Matthias Flügge und Dieter Goltzsche gezeigt, die sich mittels Monitoren und Kopfhörern entdecken lassen. Den Berichten der Künstler zu lauschen, führt zu einem besseren Verständnis der Bilder und ihrer Entstehungszeit. Außerdem werden in einem Film Einblicke in die Arbeit der Restauratoren gegeben. Mit dem sogenannten Strappo-Verfahren wurden ein paar der Gemälde, wie z. B. »Gastmahl der Wilddiebe«, von der Wand abgelöst. Diese Restaurierungstechnik ermöglicht es, ein Bild durch die Übertragung auf einen neuen Bildträger zu sichern und so zu erhalten.
Mein Dank für diese außergewöhnliche Ausstellung gilt besonders Carolin Schönemann, die als Sekretär der Sektion Baukunst unsere Gruppe durch die Gewölbe führte. Ihr Wissensschatz und die Lebendigkeit, mit der sie erzählte, ließen Schönemanns Leidenschaft für die in ihrer Obhut befindlichen Kunstwerke spüren, mich im Geiste die Faschingsfeiern in bunten Farben miterleben und machten die Führung unvergesslich.
Noch bis 19. Dezember 2018 finden jeweils mittwochs um 18 Uhr Führungen durch den Bilderkeller statt. Der Eintritt kostet nur EUR 5,00. Es gibt aus Platzgründen nur eine begrenzte Teilnehmerzahl pro Führung, daher melden Sie sich bitte hier an, kaufen Sie Ihre Tickets online oder kaufen Sie ihre Karten im Vorverkauf.
Fazit: Heute sind die Kellerräume neben den Ausstellungssälen der einzige original erhaltene Rest des historischen Gebäudes am Pariser Platz, in dem auch der Staatsvertrag zur Wiedervereinigung unterzeichnet wurde.
Die kurz vor dem Mauerbau entstandenen Gemälde im Keller der Akademie der Künste sind Zeugnisse einer Ostberliner Malerei, die ihre ganz eigenen Wege ging und sich den vom Staate verordneten Regeln entzog. Das beeindruckende Ensemble fasziniert durch die pure Lust am kreativen Schaffungsprozess, die Symbolkraft der Bildsprache, aber auch durch die besondere Umgebung des Kellergewölbes selbst.
Wer an einer der Führungen teilnehmen kann, sollte es sich nicht entgehen lassen. Allen anderen bleibt nur, sich das große Gemälde »Gastmahl der Wilddiebe« in der Passage anzuschauen, wo es hoffentlich noch lange frei zugänglich bleibt.
Manfred Böttcher (1933–2001):
Böttcher studierte 1950–1955 an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Wilhelm Lachnit und Heinz Lohmar und war 1955–1958 Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Heinrich Ehmsen. Ab 1961 arbeitete er freischaffend in Berlin. 1963–1968 leitete er den Mal- und Zeichenzirkel im Kreiskulturhaus Weißensee und erhielt 1984 den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR.
Harald Metzkes (geb. 1929):
Metzkes studierte 1949–1953 Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden bei Rudolf Bergander und Wilhelm Lachnit und arbeitete anschließend freischaffend in Bautzen. 1955–1958 war er Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Otto Nagel, 1957 unternahm er eine dreimonatige Studienreise mit Gertrud und John Heartfield sowie Werner Stötzer nach China. 1976 erhielt er den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR, 1986 wurde er Mitglied der Akademie der Künste der DDR, 1989–1991 war er Sekretär der Sektion Bildende Kunst, 1991 erfolgte sein Austritt aus der Akademie der Künste zu Berlin. Er lebt und arbeitet in Altlandsberg-Wegendorf.
Ernst Schroeder (1928–1989):
Schroeder wuchs in Stettin auf, machte eine Schlosserlehre in Swinemünde und lebte ab 1945 in Bansin/Usedom. 949–1954 studierte er an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg, wo er Meisterschüler bei Max Pechstein wurde. Nach dem Studium verdiente er Geld als Krankenpfleger. 1956–1958 war er Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Otto Nagel und Heinrich Ehmsen. 1959 zog er nach Hamburg, wo er bis zu seinem Tod zurückgezogen bei seiner Mutter lebte.
Werner Stötzer (1931–2010):
Stötzer machte bis 1948 eine Ausbildung zum Keramikmodelleur, danach studierte er bis 1951 an der Hochschule für Baukunst und Bildende Künste in Weimar bei Heinrich Domke, Hans van Breek und Siegfried Tschiersky. 1951–1953 setzte er sein Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Eugen Hofmann und Walter Arnold fort. 1954–1958 war er Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Gustav Seitz, 1962 erhielt er den Will-Lammert-Preis der Akademie der Künste der DDR. 1974 arbeitete er am Film »Der nackte Mann auf dem Sportplatz« von Konrad Wolf und Wolfgang Kohlhaase mit. 1975 erhielt er den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR. 1975–1978 war er Gastdozent an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. 1978 wurde er Mitglied der Akademie der Künste der DDR, 1990–1992 war er deren Vizepräsident.
Horst Zickelbein (geb. 1926):
Nach einer Lehre als Dekorateur besuchte Zickelbein 1948–1950 die Fachschule für Grafik und Buchgewerbe in Berlin. 1950–1955 studierte er an der Hochschule für Bildende und Angewandte Kunst Berlin-Weißensee bei Horst Strempel und Bert Heller. 1955–1958 war er Meisterschüler der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin bei Heinrich Ehmsen. 1977 erhielt er den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR. 1958–1995 war er freiberuflich in Berlin tätig und lebt seitdem auf Bornholm/Dänemark.
Laila Mahfouz, 26. November 2018
Links:
Die Website zu »Dalí – Die Ausstellung am Potsdamer Platz« finden Sie hier.
Die Website zur Akademie der Künste in Berlin finden Sie hier.
Hinweis: Leider müssen die Fotos zum Bilderkeller aus rechtlichen Gründen vier Wochen nach Ablauf der Ausstellung aus allen Onlinemedien gelöscht werden. Auch wir werden uns natürlich daran halten.
Informationen zu Laila Mahfouz finden Sie hier.