16. Oktober 2014 im Theater „Das Zimmer“: Auch mit der zweiten Premiere im neuen Theater „Das Zimmer“ gelingt, was sich die drei Intendanten vorgenommen haben. „HeimWeh“ bewegt, rüttelt auf und lässt nicht mehr los!
Zum Inhalt des Stücks: In direkter Ansprache an das Publikum erzählt Sebastian seine Geschichte der Gewalt, des Ausgeliefertseins und der Verzweiflung. Mit geradezu schmerzhafter Einfachheit schildert er, wie sein Alltag seit seiner frühen Kindheit aussah und wie er ihn geprägt, verändert und verbogen hat. All dies wäre kaum zu ertragen, gäbe es da nicht dieses eine Licht in seinem Leben, ein Mensch, der so wichtig war wie das Atmen, denn seine Existenz rettet Sebastian das Leben.Das Bühnenstück von Thomas B. Hoffmann gilt als Theaterstück für Jugendliche ab 14 Jahren. Geeignet ist es allerdings für alle Menschen und das nicht nur, weil Viele alte Narben auf ihrer Seele tragen, die denen von Sebastian ähnlich sind.
Häusliche Gewalt steht hier im Vordergrund – direkt und schonungslos. Sebastian schönt nichts, er schont aber auch niemanden. Er klagt kaum, er berichtet, denn was Sebastian erlebt, ist für ihn Normalität, die einzige, die er kennt. An einem Punkt in seinem Leben ist es dann soweit: Er ist am Ende, sieht keinen Ausweg mehr. Eben dann zeigt sich wieder einmal, dass Liebe stärker ist als aller Hass, alle Gewalt und Wut. Die Liebe, die Sebastian in seinem Leben erfahren hat, rettet ihn und gibt ihm die Kraft, uns von diesem Wunder zu erzählen, das Überleben heißt.
So bildet sich der Mensch
Indem er ja sagt, indem er nein sagt
Indem er schlägt, indem er geschlagen wird
Indem er sich hier gesellt, indem er sich dort gesellt
So bildet sich der Mensch, indem er sich ändert
Und so entsteht sein Bild in uns
Indem er uns gleicht und indem er uns nicht gleicht
Bertolt Brecht
Das Theaterstück ist ein einziger Monolog und doch scheint es, als hätte ich viele Personen agieren sehen. Unter der Regie von Lars Ceglecki zeichnet Jan Holtappels die handelnden Personen an die Wand, während er von ihnen erzählt und lässt sie dadurch greifbar werden. Auch die Bedrohlichkeit, die von ihnen ausgeht, ist so noch deutlicher zu spüren. Der Schauspieler versetzt sich ganz in den heranwachsenden Sebastian, er lebt seine Verzweiflung, seine Wut und seine bohrende und nicht endende Frage nach dem „Warum?“. Holtappels lässt sich ganz ein und berührt tief. Besonders die Schlüsselszenen mit Mutter und Vater werden mir aufgrund ihrer Intensität noch lang im Gedächtnis bleiben.
WARUM ?
Fazit: Eine unbedingte Empfehlung! Besonders auch für Schulklassen, die sich mit dem Thema auseinander setzen. Eine ungewöhnliche Produktion, die sicher niemanden kalt lässt.
TIPP: Am 25. Oktober besucht der Autor Thomas B. Hoffmann die Aufführung seines Stücks „HeimWeh“ im Theater „Das Zimmer“. Im Anschluss an die Vorstellung wird er gemeinsam mit dem Schauspieler Jan Holtappels Fragen des Publikums beantworten. Sichern Sie sich Karten für diese besondere Vorstellung!Laila Mahfouz, 23. Oktober 2014
Links:
„HeimWeh“ wird im Theater „Das Zimmer“ noch bis 6. Dezember gezeigt. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite des Theaters „Das Zimmer“.
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