14. Februar 2013 im kleinen Hoftheater: Angela Kramer Lippert wird nach 20 Ehejahren von ihrem Mann verlassen und versucht, ihr neues Single-Leben bestmöglich zu meistern. Es dauert jedoch lange, bis sie alle Einzelteile von sich vom Boden aufgesammelt und wieder zu einem funktionierenden Ganzen zusammengefügt hat.
Angela Kramer Lippert beschreibt eindrucksvoll die Höhen und Tiefen, die eine Trennung mit sich bringen.
Foto: Anders Balari
Da ist sie, die immer gleiche Geschichte, die uns leider im wahren Leben auch so oft begegnet: Ein Mann tauscht nach vielen Ehejahren seine Frau gegen ein jüngeres Modell aus. Doch was wird aus der ersten Ehefrau? Feiert sie ihre neu gewonnene Freiheit? Fällt sie in ein schwarzes Loch, taucht ab und wird nicht mehr gesehen? Stürzt sie sich von einem amourösen Abenteuer ins nächste? Oder beginnt sie ein ganz neues Leben? Angela Kramer Lippert, perfekt verkörpert von Claudia Isbarn, sucht täglich eine neue Möglichkeit, doch findet meistens vor allem eins: Einsamkeit.
Greift die Einsamkeit nach Angela Kramer Lippert, dann ist die Telefonseelsorge ihr letzter Rettungsanker. Foto: Anders Balari
Als ihr Mann Max sie nach 20 Ehejahren sitzen lässt und dann auch noch ihre Tochter Vanessa mit ihrem Freund zusammenzieht, fällt die Schaufensterdekorateurin ganz plötzlich auf sich selbst zurück. Sie merkt, wie unerwünscht sie als Single in ihrem Alter ist. Sie fühlt sich unpassend, ein Fremdkörper zwischen all den glücklichen Bekannten und Freunden. Es scheint, als habe die Welt einsame Frauen über 50 ganz einfach nicht vorgesehen.
Wie eine Motte schwirrt die Verlassene von einer Lichtquelle zur nächsten, immer in der Hoffnung auf ein wenig Wärme und Verständnis. Sie wird ausgeschlossen, erniedrigt, plagt sich mit Selbstmordgedanken und versucht verzweifelt, ein Stückchen Glück zu finden. Auf dem Weg dorthin entdeckt sie allerdings auch ganz neue Seiten an sich selbst und merkt, was ihr in ihrer Ehe schon lange missfallen hat.
Gut gemeinte Tipps und Verhaltensregeln machen das Daten auch nicht leichter. Foto: Anders Balari
Eindrucksvoll demonstrierte Claudia Isbarn die Höhen und Tiefen einer alleinstehenden Frau, einer Verlassenen, von Einsamkeit fast schon Aufgefressenen, die sich stets selbst wieder aus ihren Tiefs zu ziehen vermag. Wirklich gut umgesetzt wurde Geraldine Arons Ein-Personen-Stück unter der Regie von Petra Behrsing direkt an der Bar des Hoftheaters. Claudia Isbarn gelangen die häufigen Wechsel zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt ausserordentlich gut. Ihre Verletzlichkeit war ebenso greifbar wie ihr Humor.
Richtig komisch waren die Szenen, in denen Angela Kramer Lippert die beiden polnischen Putzfrauen nachahmte, die für sie ihren Mann ausspionierten. Auch ihr schwuler Freund Finn und ihr schrecklicher Rechtsanwalt wurden von ihr aufs Feinste parodiert. Schwermut und Traurigkeit überfiel die Zuschauer allerdings, wenn die Einsame einmal mehr bei der telefonischen Seelsorge anrufen musste, weil es ihr an persönlicher, menschlicher Nähe fehlte. Claudia Isbarn gelangen die verschiedenen Sprachparodien, das Timing der Gags ebenso wie das sofortige Umschalten in ein Stimmungstief.
Fazit: Manchmal ist das, was wir am meisten fürchten, das Beste, was uns passieren kann. Als Zuschauer leidet und fiebert man mit, folgt Claudia Isbarn auf der Gefühlsachterbahn von Angela Kramer Lippert, bis dann schließlich … Wie es ausgeht, verrate ich lieber nicht, kann das Stück aber besten Gewissens allen Geschiedenen, Verlassenen, Alleinstehenden oder einfach Einsamen ebenso empfehlen wie allen, die sich einen schönen Abend machen wollen und vor tiefen Gefühlen nicht zurückschrecken.
Laila Mahfouz, 15. Februar 2013
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„Meine tolle Scheidung“ wird im kleinen Hoftheater noch am 14. März, 25. April und 14. Mai jeweils um 20 Uhr gezeigt. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite des kleine Hoftheaters.
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