1. September 2011 im kleinen Hoftheater Hamburg: Gestern abend begann eine neue Reihe von Lesungen im kleinen Hoftheater Hamburg: Die HamburgLese. Jeden ersten Donnerstag im Monat werden in dieser Saison hier wunderbare Themen rund um Hamburg von interessanten Persönlichkeiten vorgestellt. Den Auftakt bildet die den meisten Hamburgern schon allein durch das Ohnsorg Theater bekannte Schauspielerin Herma Koehn mit sehr unterhaltsamen Theatergeschichten.
Das erste Wort hat allerdings an diesem Abend die Musik. So beginnt Eva Engelbach-Brüggemann, die Herma Koehn musikalisch durch den Abend begleitet, mit dem bekannten Lied „Theater, Theater“ von Katja Ebstein und versetzt das Publikum im fast ausverkauften Saal des Hoftheaters so spielend in das richtige Gefühl für das heutige Thema: Theatergeschichten.
Herma Koehn beginnt gleich mit zwei Geschichten aus dem Ohnsorg Theater. Insbesondere ein Auszug aus Heidi Kabels Erinnerungen, der von der Entdeckung von und Zusammenarbeit mit Henry Vahl handelt, zieht das Publikum sofort in seinen Bann. Doch die Geschichten des heutigen Abends sind nicht alle lustig, sondern spiegeln vielmehr alle Nuancen des Theaterlebens auf und hinter der Bühne wieder.
Herma Koehn: Ansteckende Begeisterung fürs Theater (Foto: Anders Balari)
Besonders bewegend war Ida Ehres Erinnerung an die im Winter 1945 neu gegründeten Hamburger Kammerspiele in der Hartung Straße im Stadtteil Rotherbaum, denen sie als Intendantin vorstand. Sie war es auch, die den damals nur einigermaßen bekannten Wolfgang Borchert zur Umarbeitung des Radiohörspiels „Draußen vor der Tür“ für die Bühne überredete. Ihre Bemühungen lohnten sich, denn das Stück wurde ein voller Erfolg für das junge Theater und der größte Erfolg Wolfgang Borcherts, der tragischerweise am Abend vor der Premiere seinem Leberleiden erlag. Eva Engelbach-Brüggemann bringt direkt im Anschluß eine musikalische Umsetzung von Borcherts Gedicht „Warum, ach sag, warum“ und nimmt uns ein Stück weit in seine düsteren Lebenserfahrungen mit, aus deren Erinnerungen er wohl nur selten entkommen konnte.
Die 2009 mit dem Rolf-Mares-Preis der Hamburger Theater in der Kategorie „Außergewöhnliche Leistungen Darstellerinnen“ für ihre Darstellung der Anni Wilke in „Misery“ (Mehr Infos unter www.nordtour-gmbh.de/SZ1011/misery.html) ausgezeichnete Schauspielerin Herma Koehn führt uns mit Leichtigkeit durch alle wichtigen Theaterzeiten des letzten Jahrhunderts und insbesondere die älteren Gäste im Publikum, die auch die Mehrheit an diesem Abend bilden, erkennen und erinnern viel.
Es folgen nette Anekdoten des Schauspielersohns Henning Voscherau, auch Boy Gobert (Thalia Theater) und Gustaf Gründgens (Deutsches Schauspielhaus), die wie niemand sonst das Theaterleben in Hamburg an die Spitze geführt haben, dürfen wir noch einmal erleben. Schließlich bildete sehr verdient die 1957 entstandene „Faust“-Inzenierung von Gründgens im Schauspielhaus den Höhepunkt des deutschen Theaterschaffens. (Sie ist auch heute noch ein Meisterwerk und auch als DVD erhältlich.) Und wie in Gustaf Gründgens nach eigener Aussage „die Abenteuer des Faust weiter umhergeistern“, werden auch in mir und vermutlich dem übrigen Publikum die Geschichten und Eindrücke des heutigen Abends herumgeistern.
Die gelungene Auswahl der interessanten Geschichten, die Kombination von Text und Musik, wie insbesondere auch die lebhafte, überzeugende Lesung von Herma Koehn machen diesen Abend zu etwas Besonderem und er endet, wie er begonnen hat, mit einem Auszug aus „Theater, Theater“ und damit schließt sich der Kreis.
Das Publikum ist begeistert von Herma Koehns Lesung und spendet kräftigen Applaus. (Foto: Anders Balari)
Lars Ceglicki, sehr talentierter Schauspieler und Regisseur am kleinen Hoftheater, bedankt sich als Initiator der Lesereihe herzlich bei seinen beiden Gastkünstlerinnen und stellt danach die Themen der nächsten Hamburg Lesungen vor: Von kulinarisch über gruselig bis weihnachtlich wird alles dabei sein und so freue ich mich jetzt schon auf weitere interessante und unterhaltsame Abende im kleine Hoftheater, denn das werde ich mir sicher nicht entgehen lassen.
Allen Theaterbegeisterten, wie auch denjenigen, denen Herma Koehn heute Appetit auf mehr gemacht hat, möchte ich auch das aktuelle Stück im kleinen Hoftheater „Das kleine Teehaus“ wärmstens ans Herz legen. Eine ausführliche Rezension dazu lesen Sie bitte hier: http://431verstaerker.wordpress.com
Laila Mahfouz, 2. September 2011
Links:
HamburgLese – das Programm im kleinen Hoftheater Hamburg unter www.hoftheater.de
Mehr über Herma Koehn unter www.herma-koehn.de
Mehr über Eva Engelbach-Brüggemann unter www.myspace.com/evantgarde
Mehr über die Autorin unter www.lailamahfouz.de
Mehr über den Photographen unter www.431verstaerker.de