26. Oktober 2017 im Abaton-Kino in Hamburg: Preview zu Felix Randaus Spielfilm »Der Mann aus dem Eis« – Jürgen Vogel brilliert in der Hauptrolle als (Kelab) Ötzi. Ein Buch mit spannenden Hintergrundinformationen ist zeitgleich im Reclam Verlag erschienen. Im Interview berichten hier u. a. Felix Randau und Jürgen Vogel von den Herausforderungen des Drehs an den Originalschauplätzen.
Handlung: Vor 5.300 Jahren in der Jungsteinzeit. Eine Großfamilie lebt friedlich an einem Bach in den Ötztaler Alpen. Ihrem Anführer Kelab obliegt es, den heiligen Schrein zu verwahren. Während Kelab auf der Jagd ist, wird seine Siedlung überfallen und die gesamte Sippe ermordet, darunter auch Kelabs Frau und sein Sohn. Auch das Heiligtum der Gemeinschaft wird geraubt. Getrieben von Schmerz und Wut hat Kelab nur noch ein Ziel – Vergeltung!
Kelab folgt den Spuren der Täter. Auf seiner Odyssee durch das Gebirge ist er den Gefahren der Natur ausgesetzt. Ein tragischer Irrtum macht ihn selbst zum Gejagten. Schließlich steht Kelab nicht nur den Mördern seiner Familie, sondern auch sich selbst gegenüber. Wird er seinem Drang nach Rache nachgeben und selbst zum Täter? Oder gelingt es ihm, den ewigen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen?
Forscher glauben sicher sagen zu können, dass vor ca. 5300 Jahren ein Mann das Tisenjoch im Südtiroler Schnalstal überquert haben muss und dort einen gewaltsamen Tod fand, wo er dann auf natürliche Weise im Eis konserviert wurde. Als zwei Wanderer 1991 den Mann aus dem Eis fanden, der heute besser unter dem Namen Ötzi bekannt ist, wurde der Fund sofort zur Sensation, denn der gut erhaltene Körper liefert immer wieder neue Erkenntnisse über das Leben unserer Vorfahren. Doch wie es zu seinem Tod kam,bleibt bis heute ein Geheimnis. Wir können nur vermuten, wie die Menschen damals lebten, wissen nicht, warum Ötzi dort unterwegs war und warum er dort sterben musste.
Die Geschichte, die Felix Randau in seinem Spielfilm »Der Mann aus dem Eis« erzählt, ist also reine Fiktion. Natürlich wurde mit Wissenschaftlern zusammen gearbeitet, um sicherzustellen, dass sich alles so wie im Drehbuch zugetragen haben könnte. Genau werden wir es wohl aber nie wissen.
Dem Regisseur ist dennoch eine glaubwürdige Geschichte gelungen, die emotional berührt und aufwühlt.
Für den Film entwarf der schweizer Sprachforscher aus dem Engadin eine rätoromanische Sprache, wie sie im Alpenraum zu Ötzis Zeit gesprochen worden sein könnte. Die Sorgfalt, die hierfür aufgewendet wurde, spiegelt sich überall im Film. Maske und Kostüm sind hier natürlich hervorzuheben und auch, dass Felix Randau sich entschlossen hat, in den Tiroler Alpen zu drehen und das trotz der ungeheuren Anstrengung, die es bedeutet hat, ein ganzes Filmteam und das entsprechende Gerät auf solch unwegsames Gelände zu bringen.
Zuständig für die atemberaubenden Bilder im Film ist der Kameramann Jakub Bejnarowicz. Wunderschöne Bilder der Tiroler Alpen fing er ebenso ein, wie auch ihre bedrohliche und lebensfeindliche Ausstrahlung. Auch bei den Darstellern schafft er immer das rechte Maß an Nähe und Distanz und nimmt das Publikum so mit in eine Welt lange vor unserer Zeit.
Getragen wird der Film eindeutig von seinen zwei Hauptdarstellern – Jürgen Vogel und den Tiroler Alpen.
Die schauspielerische Leistung Jürgen Vogels ist besonders hervorzuheben, da er in jedem Moment, und ohne Zuhilfenahme der deutschen Sprache, eine ungeheure emotionale Intensität auf die Leinwand bringt. Einige seiner Kollegen wie Susanne Wuest, Franco Nero und besonders André M. Hennicke vervollständigen das perfekt gewählte Ensemble und sorgen gemeinsam mit Jürgen Vogel, den wunderschönen Kamerafahrten, den Kostümen und der Maske dafür, dass sich der Zuschauer wirklich in die Zeit zurückversetzt fühlen kann. Die Entscheidung für Jürgen Vogel als Hauptdarsteller erklärt Regisseur Felix Randau so:
»Wir haben nach einem Schauspieler gesucht, der die Physis mitbringt, einen Menschen glaubhaft darstellen zu können, der vor über 5.000 Jahren in den Bergen gelebt hat. Der also wirklich klettern und rennen kann. Bei dem so was nicht Behauptung ist. Neben dieser Physis sollte unser Hauptdarsteller aber auch noch eine Intelligenz und Wärme ausstrahlen, da wir ja keinen tumben Urmenschen zeigen wollten. Und von diesem Ansatz aus war es dann ein kurzer und logischer Weg zu Jürgen. Wir haben ihm das Drehbuch an einem Freitag geschickt, und schon am Samstagvormittag hat er mich angerufen und zugesagt.«
Und es war wirklich eine gute Entscheidung, dem vielseitigen und risikofreudigen Schauspieler Jürgen Vogel die Hauptrolle des Kelab alias Ötzi zu übertragen. Die Art, wie er diesen Menschen, seine Zeit und Lebensweise zum Leben erweckt, berührt tief. Wenn dann noch die körperlichen Anforderungen bedacht werden, die an ihn für diesen Film, der an den eiskalten Originalschauplätzen gedreht wurde, gestellt wurden, dann wächst die Anerkennung nochmals. Mit schweren Fellen bekleidet, eine Waffe in der Hand erklimmt er die ungastlichen alpinen Gegenden in einer enormen Geschwindigkeit und wirkt dabei so, als befände er sich wirklich auf vertrautem Terrain. So drehte er selbst in über 3.000 Metern Höhe an steilen Gletscherhängen, ohne sich dafür doubeln zu lassen. Im Interview sagte er:
»Die große Herausforderung für mich bestand darin, dass ich als Ötzi viel allein unterwegs bin mit meinen Emotionen und dabei die Geschichte und die Bilder so ausfüllen muss, dass die Zuschauer das spannend finden. Das war schon eine große Verantwortung.«
Fazit: Felix Randaus Spielfilm »Der Mann aus dem Eis« wird sein Publikum mit spektakulären Bildern der Tiroler Alpen ebenso mitreißen wie mit der Geschichte um den Mann aus dem Eis. Dieser erste ungeklärte Mordfall der Menschheitsgeschichte wird die Zuschauer so bald ebenso faszinieren wie Autor und Regisseur Felix Randau, als er sich entschloss, diese Geschichte auf die Leinwand zu bringen. Gelungen ist ihm nicht mehr und nicht weniger als ein nahezu perfekter Film! Unbedingt ansehen!
Ötzi: Ötzi, auch Mann vom Tisenjoch, Mann vom Hauslabjoch, Der Mann aus dem Eis, Mumie vom Similaun u. ä. genannt, ist eine Gletschermumie aus der späten Jungsteinzeit bzw. Kupfersteinzeit, die 1991 in den Ötztaler Alpen (Südtirol) gefunden wurde. Mithilfe der Radiokohlenstoffdatierung wurde der Todeszeitpunkt des Mannes auf zwischen 3359 und 3105 v. Chr. bestimmt, das Alter der Mumie beträgt damit heute circa 5250 Jahre. Er wog ca. 50 kg, war ca. 1.60 groß und etwa 45 Jahre alt. Tattoos zierten seinen Körper. Seine letzte Mahlzeit bestand aus getrocknetem Hirsch- und Steinbockfleisch und Getreide. Mit sich trug er ein Kupferbeil, Pfeil und Bogen und ein Messer. Seine Kleider wurden teilweise aus Schafs-, Ziegen- und Bärenfell angefertigt.
Bewiesen ist, dass er in Kampfhandlungen verwickelt war, entsprechende Spuren wurden an seiner Ausrüstung gefunden sowie eine Schnittwunde an seiner Hand. Auf einem Röntgenbild hat man in der linken Schulter des Mannes eine Pfeilspitze aus Feuerstein entdeckt. Diese hat die Unterschlüsselbeinarterie angerissen, der Beweis dafür, dass er von hinten erschossen wurde.
Ötzi ist ein typischer Europäer aus der früheren Zeit und daher für die Forschung so wertvoll. Durch ihn wissen wir viel darüber, wie unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit gelebt haben. Heute liegt eine der ältesten Mumien der Welt im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen in einer Eiskammer bei minus 6 Grad.
Jürgen Vogel: Jürgen Peter Vogel (* 29. April 1968 in Hamburg) ist ein deutscher Schauspieler, Drehbuchautor, Komiker, Filmproduzent und Sänger. Jürgen Vogel ist der Sohn eines Hamburger Kellners und einer Hausfrau. Er arbeitete als Kindermodel, später in verschiedenen Jobs, besuchte einen Tag lang die Schauspielschule in München und zog 1985 nach Berlin, wo er mit dem Schauspieler Richy Müller zwei Jahre lang in einer Wohngemeinschaft lebte. Nach eigenen Angaben wurde er auch durch den Film »Taxi Driver« mit Robert De Niro inspiriert. Der Durchbruch gelang ihm mit Sönke Wortmanns Film »Kleine Haie«. Für seine Gesamtleistung als Schauspieler, Koautor und Koproduzent des Filmes »Der freie Wille« erhielt er 2006 einen Silbernen Bären. Vogel wurde 1988 Vater einer Tochter. 1998 heiratete er eine Frau, die zwei Söhne in die Ehe einbrachte und mit der er gemeinsam seit 1999 eine weitere Tochter hat.
Felix Randau: Felix Randau (* 1974 in Emden) ist ein deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor. Randau studierte von 1995 bis 2003 Filmregie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und schloss sein Studium mit einem Diplom ab. Sein Abschlussfilm »Northern Star« kam 2004 in die deutschen Kinos und wurde in der Reihe »Das kleine Fernsehspiel« des ZDF im Fernsehen gezeigt, ebenso »Die Anruferin«, der 2008 in den Kinos und 2009 in derselben Reihe im Fernsehen gezeigt wurde. Felix Randau lebt in Berlin.
Laila Mahfouz, 17. März 2018
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Die Rechte der Fotos liegen bei Port au Prince Pictures.
Das zeitgleich mit dem Kinostart im Reclam Verlag erschienene Buch zum Film (183 Seiten, ISBN 978-3150205044) wurde von Albert Zink herausgegeben und beinhaltet neben dem Drehbuch zum Film, Interviews mit dem Hauptdarsteller Jürgen Vogel (Ötzi) und dem Regisseur Felix Randau sowie die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die über den Mann aus dem Eis bisher gesammelt wurden. Empfehlen kann ich daher all denen, die der Film gepackt hat, das Buch als Ergänzung, denn seine Lektüre ist ebenso spannend wie erhellend.
Die Website zum Film finden Sie hier.
Das Buch zum Film mit den vielen Hintergrundinformationen finden Sie auf den Seiten des Reclam Verlages hier.
Informationen zu Laila Mahfouz finden Sie hier.