14. Februar 2014 im kleinen Hoftheater Hamburg: „Man ist so alt, wie man sich fühlt“, denkt Wilhelm, doch hat er die Rechnung ohne seine Söhne gemacht. Eine feinsinnige Komödie der leisen Töne, inszeniert vom talentierten Nachwuchs-Regisseur Jan Holtappels.
Felix (Fridtjof Bundel) bereitet seinen Vater (Martin Mertens) auf sein Rendezvous vor.
Foto: Anders Balari
Inhalt: Wilhelm lebt nach dem Tod seiner Frau allein in Hamburg. Von seinem ersten amourösen Abenteuer kommt er mit einem gebrochenen Bein nach Hause und kann nach Meinung seines ältesten Sohnes David unmöglich allein bleiben. Kurzerhand engagiert dieser die Haushälterin Caroline, die Wilhelm anfangs aufgrund der ihm zuteil gewordenen Bevormundung mit seinen Nörgeleien schikaniert. Doch die resolute Dame weiß sich durchzusetzen und selbst diesen dickschädligen Hamburger Sturkopf weich werden zu lassen. Als sich die beiden schließlich näher kommen, wissen Wilhelms Söhne David und Felix nicht, wie sie mit dem zweiten Frühling ihres Vaters umgehen sollen.
Mit Lebensfreude und Agilität versucht Wilhelm anfangs, sein Alter zu überspielen oder die Zeiger der Zeit zurückzudrehen, doch wird er gleich bei seinem ersten Abenteuer von einem Beinbruch gestoppt und so zur Tatenlosigkeit verdammt. So leicht lässt Wilhelm sich allerdings nicht das Zepter aus der Hand nehmen. Wie Martin Mertens alle Facetten von Wilhelm zeigte, war gelungen. Auch Biggi Riemenschneider brachte als dominante Haushälterin oft zum Schmunzeln. Die beiden sind in all ihrem Zank ein schönes Bühnenpaar. Federleicht und flüsterleise kam der Tanz daher, den Caroline mit dem im Rollstuhl sitzenden Wilhelm tanzte. Von beiden eine solide und sensible Darstellung.
Konni Fischer als Belle Prinhops, ein geradezu nymphomanischer Vamp, hatte alle Lacher auf ihrer Seite und zeigte mit viel Körpereinsatz ihr komödiantisches Talent.
Die Nebengeschichten dieses Stücks über die alten Tage eines Mannes sollen aber auch nicht unter den Tisch fallen. So waren zwei Szenen besonders intensiv:
1. David entlädt seine schon lange aufgestauten Gefühle der Zurückweisung und Benachteiligung durch den Vater. Dies wurde von Marc Felske so intensiv und feinfühlig gespielt, dass mir die Tränen kamen.
2. Felix‘ Gefühl, dem Vater in den Rücken zu fallen, indem er Davids Meinung schließlich teilt. Fridtjof Bundel, der anfangs die ganze Leichtigkeit der Jugend auf die Bühne zauberte, erschütterte mit der unausgesprochenen Erkenntnis, dass das Erwachsenwerden Verantwortungsgefühl und Pflichtbewusstsein mit sich bringt.
Luftikus Felix (Fridtjof Bundel) und Spaßbremse David (Marc Felske) – zwei ungleiche Brüder.
Foto: Anders Balari
Denkt man im Nachhinein über das Gesehene nach, so kommt unweigerlich der Gedanke an das eigene Altwerden. Wie es sein wird, die Kontrolle über den Körper zu verlieren, sich geistig wach zu fühlen, aber dennoch mit der Zeit nicht mehr Schritt halten zu können. Während des Stücks war ich ständig zwischen den Figuren hin- und hergerissen, denn ich konnte jede einzelne Sichtweise nachvollziehen. Wilhelm, der seine letzten Jahre nicht allein verbringen will und der erkennt, dass die Liebe auch in seinem Alter noch ebenso schön ist und David, dessen ehrliche Sorge und zunehmende Hilflosigkeit gegenüber dem Alter des Vater dazu führt, dass er die Lösung seiner Probleme in der Abgabe des väterlichen Führerscheins und in dessen Zustimmung zu betreutem Wohnen sieht. Alt werden ist sicher nicht leicht und zwar weder für die Eltern noch für die Kinder. Nur eines ist sicher: Liebe ist zeitlos und kennt kein Alter!
Der sensiblen Regie ist es zu verdanken, dass diese Komödie mehr wurde als ihr Name verrät. Witzig und nachdenklich zugleich, mit durchweg glaubhaft dargestellten Personen, war selbst schon am eindringlichen Bühnenbild die besondere Handschrift des Jungregisseurs zu erkennen.
Fazit: Eine gelungene Mischung aus Komödie und nachdenklicher Melancholie, ein stimmungsvolles und überlegtes Bühnenbild und eine sehr feine Debüt-Regiearbeit von Jan Holtappels am kleinen Hoftheater. Dieser junge Schauspieler und Regisseur wie auch die Darsteller Fridtjof Bundel und Marc Felske werden sicher noch mehr von sich reden machen. Drei Namen junger Talente, die man sich merken sollte!
A. Baschelke, 19. Februar 2014
Links:
„Wie man fällt, so liebt man“ wird im kleinen Hoftheater noch bis 16. März 2014 jeweils freitags und samstags um 20 Uhr sowie sonntags um 16:00 Uhr gezeigt. Nähere Informationen finden Sie auf der Seite des kleinen Hoftheaters.
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