22. und 23. November 2013 im Sprechwerk Hamburg: Lars Ceglecki inszenierte mit viel Gespür fürs Wesentliche „Das Rheingold“, den ersten Teil von Richard Wagners Opernreigen „Der Ring der Nibelungen“ (Wagners Texte ohne seine Musik).
Inhalt: Die Rheintöchter Floßhilde, Wellgunde und Woglinde verschmähen und verlachen den Zwerg Alberich, woraufhin er wutentbrannt das Rheingold, welches sie hüten, raubt. Alberich gelingt es, einen Ring aus dem Gold zu schmieden. Er unterwirft das Nibelungenvolk und zwingt es, in den Goldminen Nibelheims für ihn zu arbeiten.
»Nur wer der Minne Macht entsagt,
nur wer der Liebe Lust verjagt,
nur der erzielt sich den Zauber,
zum Reif zu zwingen das Gold.«
Zu gleicher Zeit haben die Riesenbrüder Fasolt und Fafner die Götterburg Walhall fertig gestellt und fordern von Wotan die Göttin Freia als vereinbarten Lohn. Rasch merken die Götter, dass mit Freia auch das Geheimnis der Unsterblichkeit geht. Wotan versucht, einen Ersatz für die Göttin zu finden und bittet Loge um Hilfe, der ihm vom Rheingold, dem Ring und dem Zwerg Alberich berichtet, der für die Macht der Liebe entsagt habe. Mit Hilfe von Loge trickst Wotan Alberich aus und überwältigt ihn. In Raserei verflucht Alberich den Ring, doch als Wotan das Rheingold an die Riesen übergibt, möchte er den Ring für sich behalten, ohne den Fluch zu bedenken. Erst die Warnung der Urmutter Erda lässt ihn den Ring der Macht aufgeben. Schon als die Riesen den Schatz unter sich aufteilen, zeigt sich die Wirkung des Ringes: Fafner erschlägt habgierig seinen Bruder Fasolt. Die Götter ziehen in die Burg Walhall ein.
»DAS RHEINGOLD ist nicht allein ein Götterdrama,
sondern das Drama des Lebens schlechthin mit sei-
nen ihm innewohnenden Kräften der Zerstörung.«
(K. Klebe, das Opernglas)
Lars Ceglecki ist es mit seiner Inszenierung gelungen, Wagners 2,5 stündige Oper in ein 90 Minuten Bühnenstück zu verwandeln. Gesprochen wurde der Originaltext jedoch ohne Wagners Musik. Auf diese Weise erhielten die Worte eine noch stärkere Bedeutung und wirken lange nach. Das minimalistische Bühnenbild stellte den Rahmen für die eindrucksvoll komponierten Szenen.
Durch die moderne Kleidung fast aller Schauspieler im Zusammenspiel mit den Originaltexten fühlte ich mich an Baz Luhrmanns Film-Version von William Shakespeares Romeo & Julia mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes erinnert, wo eben diese Kombination auch den ganz besonderen Reiz ausmacht und eine regelrechte Sogwirkung auslöst.Als der Vorhang sich öffnete, saßen die drei Nornen (Brigitte Wahls, Gaby Mahlke-Riedel und Monika Pohle) an ihren Schicksalsfäden und erklärten auf eindrucksvoll gesprochene Weise, wie die unsägliche (Hab-)Gier stets weitere Übel wie Neid und Hass gebiert, „bis der Mensch komplett verroht“, was dann sogar Mord nach sich zieht.
Die drei Rheintöchter, von Kim Morschek, Alisa Farin und Katja Zerrath luftig und leicht gespielt, hüten das Rheingold, doch als sie den Zwerg Alberich (Martin Mertens) abweisen, verraten sie ihm unachtsam das Geheimnis der Macht des Goldes. Die relativ schlichten Kostüme wirkten im Bühnenlicht opulent und verstärkten die magische Wirkung dieser Inszenierung. So sah ein Zuschauer mit etwas Vorstellungskraft, die drei Nixen geschmeidig durch das Wasser des Rheins gleiten. Beeindruckend war das kraftvolle Spiel von Martin Mertens als Zwerg Alberich.Die Riesen, anfangs etwas farblos von Kevin Hüet und Ulrich Hermann dargestellt, zeigten ihr Können besonders in der letzten Szene, wohingegen Ralf Erfurth eine konstant gute Darbietung des Loge lieferte. Mit viel Schelmenhaftigkeit stellte er den Meister der Verwandlung, Trickster und eigentlich Narr des Stückes dar. Gern hätte er diese besondere Figur der Götterwelt noch ein wenig mehr ausspielen können. Auch Remco Berents als Wotan und Martina Michalzik als Fricka überzeugten, wobei die Rolle des Mime Martina Michalziks Stärken noch mehr hervorhob.
»Und wenn ihr fragt, was hat den Mensch so weit gebracht?
Das hat allein die Gier gemacht!«
Fazit: Allen Mitwirkenden gemein war die direkt spürbare Spielfreude. Viele besondere Ideen machten diese Inszenierung von Lars Ceglecki aus, die ich unbedingt empfehlen kann, um sich Wagners komplexem Stoff auf leichte Weise zu nähern.
Laila Mahfouz, 25. November 2013
Links:
Hier geht’s zu einer Fotostrecke des Stücks.
Website von „Die Wolkenstürmer“
Website vom Hamburger Sprechwerk
Informationen zu Laila Mahfouz
Informationen zum Photographen Anders Balari